Wenn einen der Weg durch exponierte oder relativ einsame Regionen mit nur spärlicher Infrastruktur führt, dauert es mitunter etwas länger, bis sich eine passende Gelegenheit dafür findet. Im Sommer des Jahres 2014 muss ich besonders lange darauf warten. Erst am 27. September ist es endlich so weit und ich kann meinen Rucksack schultern, um mich wieder nach Admont im Ennstal zu begeben. Die angesprochene einsame Gegend, um die es geht ist das Tote Gebirge, für dessen Durchquerung man stabile, sonnige Wetterphasen abwarten sollte. Am Tag vor meiner Ankunft hat es noch bis etwa 1500 m herunter geschneit und selbst bei der Anreise regnet es ab Kirchdorf an der Krems noch in Strömen. Das bleibt auch so bis zur Fahrt durch den Bosruck-Bahntunnel, aber gleich danach bei der Ankunft in Ardning bzw. nach ein paar Minuten Busfahrt nach Admont werde ich von den ersten zaghaften Sonnenstrahlen gekitzelt.
27.09.2014: von Admont auf die Wurzeralm 28 km
Das verheißt Gutes für den restlichen Tag, zunächst muss ich aber in den Regen zurück. Der Asphaltstraße kann ich ein kurzes Stück über den „Salzlehrpfad“ am Eßlingbach entlang ausweichen. Kurz hinter Mühlau, dort wo der Asphalt endlich sein Ende findet, findet mich auch der Regen wieder, wobei nicht immer klar ist, ob mehr Nass von den Wolken über mir oder von den Bäumen herunter kommt. Der Alm des Bauern Gstattmaier verleihen die tiefhängenden Wolkenfetzen eine mystische Grundstimmung, ganz passend dazu auch das brünftige Röhren eines Hirschen. Ein echtes herbstliches Regen-Wonderland quasi! Damit ist allerdings beim Pyhrgasgatterl, welches die steirisch-oberösterreichische Landesgrenze markiert, schlagartig Schluss. Nur wenige Schritte dahinter taucht schon das Rohrauer Haus auf, in dem ich zur Mittagsrast einkehre. Wieder draußen, hellt sich der Himmel immer mehr auf und der Bosruck gewinnt an Konturen.

Die gleichnamige Hütte lasse ich dann aus und begebe mich direkt zum Einstieg in die Dr. Vogelsang-Klamm. Die Klamm selbst ist nicht Bestandteil des Nordalpenweges, aber Straßen gibt es am 01er auch so genug. Soweit ich mich erinnere, wurde am unteren Ende der Klamm ein Obolus eingehoben.

Den versäumten Asphalt kann ich beim Weiterweg nach und durch Spital am Pyhrn nachholen.

Um Spital wieder zu verlassen, halte ich mich zunächst an der Straße in Richtung Bosruck, der jetzt beinahe wolkenfrei ist, um dann nach rechts in einen „Gewässerlehrpfad“ einzubiegen, der mich zur Talstation der Standseilbahn zur Wurzeralm bringt. Ich komme glücklicherweise gar nicht in Versuchung, diese auch in Anspruch zu nehmen, da es bereits nach 17 Uhr ist. Aber ich bin ja zum Wandern da. Gleich zu Beginn steigt der Weg sehr direkt den grünen (Schi)hang hinauf und ich gewinne schnell an Höhe.

Nach 90 Minuten ist es schließlich vollbracht und ich betrete das sehr gut besuchte Linzer Haus. Vorreservieren ist hier an Wochenenden wohl ratsam.
Öffentliche Verkehrsanbindung: Mit der Bahn nach Spital am Pyhrn oder Ardning und von Ardning mit dem Bus weiter nach Admont.
28.09.2014: von der Wurzeralm nach Hinterstoder 23 (15) km
Der Sonntag wird dann alles andere als ein Spaziergang. Recht ambitioniert reserviere ich in Hinterstoder ein Zimmer und mache mich schon bei den ersten Sonnenstrahlen auf den Weg dorthin. Vom Schnee auf dem Warscheneck mit seinen 2388m ist nicht mehr viel zu bemerken, was mich einigermaßen optimistisch stimmt, mein Tagesziel noch vor der Dunkelheit zu erreichen.

Über ein Hochmoor gelange ich zum Brunnsteiner See und ab da wird es sehr steil. In unzähligen Serpentinen windet sich der Weg hinauf auf den Rote Wand-Sattel mit grandiosen Tiefblicken zurück zum Brunnsteiner See und zur Wurzeralm. Auf diesem Anstieg habe ich Gesellschaft. Zwei Wanderer – Vater und Sohn – wollen ebenfalls zum Warscheneck hinauf, ändern aber bei der Wegteilung im oben erwähnten Sattel ihre Pläne abrupt und biegen zur Roten Wand und später wahrscheinlich zur Dümler Hütte ab. Ich hingegen steige steil weiter zur Speikwiese empor, erst dort wird es dann vorübergehend flacher hin zum Fuß des sog. „Toten Mannes“, stets an der oberen Kante des Glöckelkars entlang.

Beim Aufstieg zum Toten Mann lerne ich, dass „steil“ noch steigerungsfähig ist. Hier geht dann öfters ohne den Gebrauch der Hände nichts mehr. Der Weg ist hier allerdings hervorragend markiert und die Kraxeleinlagen stellen kein Problem dar. Oben bei der Wegteilung angekommen, entscheide ich mich, den Gipfel des Warschenecks als Fleißaufgabe noch mitzunehmen. Ich bereue es nicht, auch wenn es für die weitere Wanderstrecke nicht ohne Folgen bleibt. Am Gipfel stehen oder hocken zu Mittag bereits viele Bergfexe und erfreuen sich so wie ich an der exzellenten Fernsicht vom Hochschwab und Ötscher im Osten bis zum Dachstein und zum Hochkönig weiter im Westen. Aber auch wesentlich näher bietet sich mir ein wunderbares Panorama – nämlich im Nordwesten die Prielgruppe, mein Ziel für den nächsten Tag.

Eine halbe Sunde verweile ich am Gipfel, dann kehre ich zur vorhin genannten Wegteilung zurück und folge der gelben Beschilderung hinab zur Zeller Hütte. Oft geht es wieder steil hinunter, zuerst über felsiges und grasiges Gelände, später durch Latschen und erst kurz vor der Hütte wird dann ein richtiger Wald daraus. Bei der Hütte setze ich mich wieder hin – ich habe noch nichts gegessen, seit ich von der Wurzeralm weg bin. Kostet natürlich nicht nur Euros, sondern auch Zeit. Der Weg hinunter nach Vorderstoder zieht sich noch sehr und als ich endlich unten bin, ist es kurz vor halb sechs.

Bis nach Hinterstoder sind es wohl noch an die zwei Stunden Fußmarsch, aber in einer Stunde wird es wohl dunkel werden. In einem Buswartehäuschen esse ich noch einen Müsliriegel und studiere den dort aushängenden Fahrplan. Und welch Überraschung: Ausnahmsweise kommt einmal ein Bus auch wenn man ihn braucht!!! Zehn Minuten später unterhalte ich mich mit dem slowakischen Fahrer über ausländische Arbeitskräfte in Österreich und welche aus seiner Sicht etwas taugen und welche nicht. Weitere zehn Minuten danach bleiben wir direkt vor dem Gasthof „Zur Post“ in Hinterstoder stehen. Ich bin somit noch zu einer christlichen Zeit im Quartier und rette gleichzeitig auch die warme Küche noch für meinen Magen.
Öffentliche Verkehrsanbindung: Bahnanschluss in Spital am Pyhrn, Bus oder Rufbus nach/von Vorder- oder Hinterstoder
29.09.2014: von Hinterstoder hinauf zum Priel-Schutzhaus 8 km
Die relativ kurze Strecke mit einer Gehzeit von annähernd dreieinhalb Stunden ergibt sich einerseits durch den Höhenunterschied von ca. 800 steilen Höhenmetern und andererseits aus den doch recht anstrengenden beiden vorangangenen Wandertagen. Hinzu kommt, dass die Chefin des Gasthofes mich länger auf die Begleichung der Rechnung warten lässt, weil sie im Tourismusbüro irgendeine Stodertal-Card für mich besorgt. Diese benötige ich jedoch ohnehin nicht, aber als Weitwanderer wird man eben nicht gefragt. So stehe ich ungefähr 45 Minuten abmarschbereit vor der Rezeption und sie wahrscheinlich ebenso lange vor dem Tourismusbüro (öffnete angeblich erst um 8:30 Uhr). Mit dieser Verspätung ziehe ich erst einmal der Länge nach durch Hinterstoder bis zur Abzwiegung Polsterlucke. Am Polsterstüberl vorbei gehe ich dann bis zum Talschluss, wo der steile Anstieg durch den sog. „Kleinen Ofen“ beginnt. Ab da wird’s für mich wirklich mühsam, denn durch den bereits recht hohen Sonnenstand ist es schon ordentlich warm geworden. Und der Anstieg zum Priel Schutzhaus liegt so, dass die Vormittagssonne Ende September meistens genau den Wanderweg beheizt. Weiter oben benötige ich öfter kurze Verschnauf- und Trinkpausen. Knapp vor 12:30 stehe ich endlich vor dem Priel Schutzhaus, das hauptsächlich von Wanderern, die zum Großen Priel hinauf wollen, frequentiert wird.

Die Regenerationszeit dauert bei mir an diesem Tag zu lange. Um 14 Uhr muss ich mich von meinem Vorhaben verabschieden, noch am selben Tag bis zur Pühringer Hütte weiter zu gehen. Etwa sechs Stunden laut gelber Tafel und für Solowanderer zu dieser Jahreszeit wohl zu weit. Den Nachmittag verbringe ich daher abwechselnd im Schankraum bzw. auf der Terrasse des Priel Schutzhauses, den Schilderungen diverser Prielwanderer lauschend. Erwähnenswert ist auch, dass im Verlauf des Tages einer der Resetarits-Brüder am Nebentisch Platz nimmt.
30.09.2014: vom Priel Schutzhaus zum Albert Appel-Haus 22km
Mit strahlendem Sonnenschein geht es in den nächsten Tag. Ich fühle mich viel besser als am Vortag und weiß, dass der Übergang zur Pühringer Hütte für mich konditionell kein größeres Problem werden wird, ja sogar mit einer Verlängerung bis zum Albert Appel-Haus spekuliere ich beim Frühstück bereits. Das wären dann zehn bis elf Stunden Gehzeit und ich hab ja etwas aufzuholen. Aber der Reihe nach.
Kaum, dass ich die Hütte verlassen habe, nimmt mich schon die gewaltige Klinser Schlucht mit der sie flankierenden Spitzmauer links und dem Brotfall (welch ein Name!!!) rechts in ihren Bann. Es folgt daher das erste Fotoshooting des Tages unmittelbar nach dem Start.

Den Hang mit einer kurzen Kraxeleinlage querend begebe ich mich zum Einstieg der Schlucht. Die Markierungen im Toten Gebirge sind ausgezeichnet und werden wahrscheinlich des öfteren erneuert, was auch gut so ist, denn solche Tage wie diesen erwischt man eher selten. Zweimal zweigt nach links ein Pfad (Stodertaler Klettersteig, Spitzmauer) ab, ist aber für mich kein Thema. Weil der Weg im Geröll bzw. Fels leicht zu finden ist, dauert es „nur“ zwei Stunden, bis ich am höchsten Punkt des 01ers im westlichen Toten Gebirge – dem Temelbergsattel mit 2050 m – stehe. Die nächsten zehn Minuten wandern nur meine Augen weiter vom Dachstein zum Rotgschirr vor mir und den vermutlichen Weg dorthin mit seinen Schneeflecken und zahlreichen Dolinen.

Der Weg schlängelt sich nun durch Steinwüste soweit das Auge reicht, mal bergab, dann wieder ansteigend. Die Hohen Kögel werden dabei rechts und das Rotgschirr links umgangen. Endlich ist der exakt 2000 Meter hohe Rotkogelsattel erreicht, ab wo auch wieder leichte Vegetation beginnt.

Dabei handelt es sich zunächst einmal um Krummholz und die Latschen machen sich bald auch unangenehm bemerkbar, bringen sie mich auf dem schmalen Pfad doch regelmäßig aus dem Gleichgewicht, weil sie so gegen Körper und Rucksack drücken. Da verwundert es kaum, dass sie sich von mir so manche Verwünschung anhören können. Und da wächst sie plötzlich wie aus dem Nichts aus dem Boden, die tschechische Wanderin und sagt noch zu mir: „Nicht erschrecken!“ Der erste Kontakt mit einem Menschen seit dem Priel Schutzhaus oder knapp fünf Stunden. Durch die felsigen Elmzageln mit Traunsteinblick geht es hinunter zum Elmsee, wo auch die Pühringer Hütte steht. Es ist früher Nachmittag und beschließe nach der Kaffeepause in der Hütte, die vier Stunden bei nun leichter Bewölkung bis zum Albert Appel-Haus auch noch anzugehen.

Kurz noch zur Elmgrube hinunter, folgt danach der letzte gröbere Anstieg hinauf zum „Abblasbühel“. Klingt nach viel Wind, ich merke davon aber recht wenig. Das Wildgößl umgehe ich auf dessen Nordseite, passiere die Wiesenlacke und komme in den Bereich des Hinteren Bruderkogels.

Aus Nordwesten schiebt sich nun eine mächtige Nebelbank ins Tote Gebirge hinein. Mir ist nicht ganz wohl dabei, denn der Weg fällt noch immer nicht und ich befinde mich immer noch auf knapp 2000 m Seehöhe. Mit dem gemütlichen Dahinwandern und ausgiebigem Fotografieren ist es nun schlagartig vorbei. Auch einen Ausflug zum „Redenden Stein“ – quasi der Hausberg des Albert Appel-Hauses – kann ich mir endgültig abschminken. Etwa 45 Minuten verläuft der Weg noch so hochgelegen, erst beim „Redenden Stein“ fällt er deutlich zur Hütte hinab. Dort habe ich mich schon von der Pühringer Hütte aus angemeldet und als ich dort ankomme, sehe ich vom Gipfelkreuz des „Redenden Steins“ nichts mehr. Der Berg ist bereits von dichten Wolken eingehüllt. Die Hütte selbst würde ich als „rustikal“ bezeichnen. In den Zimmer scheint es keinen Strom zu geben, obwohl meiner Erinnerung nach Steckdosen vorhanden sind. So kommt meine Stirnlampe auch noch zu ihrem Einsatz. Allerdings nächtige ich nur wenige Tage vor Saisonschluss dort oben. Da könnte es schon gewisse Einschränkungen beim ‚Komfort‘ geben. Zum Zeitpunkt der Hüttenruhe setzt dann der erwartete Regen ein und dauert die ganze Nacht an. Für mich steht daher fest, dass ich die Wanderung beim Hochklapfsattel abbrechen und am Ausseer Weg weiter ins Tal nach Altaussee absteigen werde.
Keine öffentliche Verkehrsanbindung am Weg!!! Abstiegsmöglichkeit von der Elmgrube nach Gößl und dort Busanschluss
01.10.2014: vom Albert Appel-Haus zum Hochklapfsattel (Abstieg nach Altaussee) 5 km
Noch beim Frühstück regnet es anhaltend, der Regen lässt aber rasch deutlich nach und beim Aufbruch kurz vor 9:00 Uhr tröpfelt es nur noch. Das bleibt auch mehr oder weniger bis Altaussee so, der Boden ist jedoch glitschig. Im Gegensatz zu den Vortagen wirkt die Gegend heute trostlos.

Durch schütteren, sumpfigen Wald wende ich mich zunächst der Augstwiesenalm zu, an deren Beginn ich steiler zu einer größeren Wiesenfläche hinab steige.

Nach der Querung der Wiese geht es in teilweise felsigem Auf und Ab zum Hochklapfsattel, wo sich die Wegteilung befindet, die ich nach knapp zwei Stunden ab Albert Appel-Haus erreiche.

Ich setze nun wie am Vorabend geplant (ursprünglich wäre ein Finale in Bad Goisern auf dem Programm gestanden), den Weg nicht am Karl Stöger-Steig fort, sondern hinunter nach Altaussee, wo am frühen Nachmittag ein Bus nach Bad Aussee fährt, den ich unbedingt erreichen möchte. Bei der Nässe muss ich im Wald höllisch aufpassen, dass ich nicht irgendwohin wegrutsche, was mangels Aussicht auf den Altausseer See und den Dachstein wesentlich erleichtert wird. Dennoch habe mehrmals beinahe unfreiwilligen Bodenkontakt abseits der Schuhsohlen. Aber alles geht gut aus und ich bin nach weiteren zweieinhalb Stunden unfallfrei bei der Bushaltestelle – fünfzehn Minuten vor der Abfahrt des avisierten Busses.
Öffentliche Verkehrsanbindung: am Weg keine, Abstiegsmöglichkeit nach Altaussee mit Busanschluss Richtung Bahnhof Bad Aussee. Weitere Abstiegsmöglichkeit am Weg 235 zum Grundlsee mit Busanschluss Richtung Bahnhof Bad Aussee.
22.08.2015: vom Hochklapfsattel (Altaussee) zur Loserhütte, 5 km + Zustieg + Loser
Den Wiederaufstieg zum Hochklapfsattel kann ich dank trockenem Terrain und verbesserter Ortskenntnis um fünfzehn Minuten schneller bewältigen als den Abstieg im Jahr davor. Bei der Wegteilung zum Karl Stöger-Steig angekommen, begegnen mir zwei Wanderer, die von ebendort kommen und die ich abends auf der Loserhütte wieder treffen sollte. Derweil ergibt sich nur eine kurze Plauderei mit anschließenden Fotoshooting.
Bei einer Begehung des zuvor genannten Steiges sollte man schon ein wenig trittsicher sein, ist man hier doch meist auf einem relativ schmalen und teilweise auch ausgesetzten Pfad unterwegs. Ich habe an diesem Samstag einigen Gegenverkehr am Steig, zum Glück aber nicht an der seilversicherten Stelle.

Aber selbst diese „Schlüsselstelle“ ist sehr gut zu gehen und so erreiche ich problemlos die Bräuningalm. Ich quere noch hinüber zum Augstsee und entscheide dort, wo die Loser-Panoramastraße beginnt, die Hochanger – Loser Runde auch noch anzuhängen. Nach teilweise felsigem Aufstieg stehe ich spätnachmittags am Gipfel des Loser und genieße die herrliche Aussicht ins Ausseer Land mit dem Dachstein-Panorama.
Ich darf mich darüber freuen, dass es endlich wieder einmal mit einem Abstecher vom Nordalpenweg geklappt hat. Ich kann diese „Ehrenrunde“ Nachwanderern uneingeschränkt weiter empfehlen. Der Abstieg zur Loserhütte dauert nicht lange und beim Abendessen sitze ich zufällig wieder mit den beiden Wanderern, die ich am Hochklapfsattel getroffen habe, am Tisch. Sie sind beinahe den gleichen Weg in umgekehrter Richtung gegangen. Jetzt haben wir einander einiges zu erzählen.
23.08.2015: von der Loserhütte nach Bad Goisern, 21 km
Am Vorabend komme ich dann noch mit einem weiteren, schon ein wenig in die Jahre gekommenen Wanderer ins Gespräch. Er möchte heute auf den Sarstein hinauf und auch ich spekuliere zu diesem Zeitpunkt noch mit einem Ausflug auf den Sandling. Jetzt am Morgen zieht aber der noch wolkenfreie Dachstein alle Anwesenden in seinen Bann. Was für ein Anblick! Ich könnte noch bis zur Quellwolkenbildung auf der Terrasse der Loserhütte verweilen, womit sich der angedachte Abstecher sofort wieder von selbst erledigt hätte.

Ich kann mich aber dann doch losreißen und marschiere zunächst ein Stück um den Loser herum. An einigen Liftanlagen vorbei gehend tauche ich schließlich in den Wald ein. Der Weg windet sich nun in steilen Serpentinen zur Blaa Alm hinab, wo ich mir eine kurze Pause gönne. Gleich danach geht es wieder bergan, ab der Fludergrabenalm auf einem matschigen Waldpfad unterhalb des Pötschensteins bis zur Hinteren Sandlingalm. Danach verschwindet der markante Loser aus meinem Blickfeld.

Kurz nach der Alm erreiche ich die Wegteilung, wo ich auf den Sandling aufsteigen könnte. Die angegebene Wegzeit lässt mich dieses Vorhaben allerdings überdenken und so setze ich die Tour direkt auf dem Nordalpenweg fort, was sich noch als gute Entscheidung erweisen sollte. Durch den Bergwald steuere ich die Vordere Sandlingalm an (wieder mit Aussicht auf den Dachstein), von dort ist es nur noch ein relativ kurzer Anstieg zur an Wochenenden geöffneten Lambacher Hütte. Ein guter Platz für die Mittagspause.

Der Weiterweg führt mich unterhalb der Raschberghütte auf einem netten Waldpfad noch weiter fallend zur lieblichen Hütteneckalm, wo ich einer Jause nicht widerstehen kann. Der restliche Abstieg nach Bad Goisern besteht nur noch aus Forst- und Asphaltstraßen. Im Bereich der Kriemoosalm muss ich einen kurzen Schauer aussitzen, der sich aber hinter mir zwischen Sandling und Grimming rasch zu einem ausgewachsenen Gewitter entwickelt. Hätte ich mich für den Aufstieg auf den Sandling entschieden, wäre ich hochgerechnet jetzt gerade beim – wenig geschmeidigen – Abstieg von diesem.

Nach zehn Minuten ist alles vorbei. In Bad Goisern werde ich im GH Moserwirt bereits erwartet. Nach einer erfrischenden Dusche studiere ich ein wenig die Wanderung des nächsten Tages und hoffe auf ähnlich günstige Bedingungen für den Übergang nach Gosau.
Öffentliche Verkehrsanbindung: Mit der Bahn via Attnang-Puchheim ab/bis Bad Goisern
24.08.2015: von Bad Goisern via Goiserer Hütte nach Gosau, 14 km
Von meinem Quartier begebe ich mich direkt zur Traunbrücke und wechsle in den Ortsteil Gschwandt: Ab da folge ich auf einer Straße zunächst dem Ramsaubach und ab Steinach dem Schüttbach bis zur Trockentannalm. Mittlerweile auf einer steinigen Forststraße unterwegs, verengt sich das Tal nach der Alm deutlich zum Kesselgraben, wo es auch zusehends steiler bergan geht. An Tagen wie jenem, an dem ich diese Zeilen hier verfasse, kann das recht schweißtreibend werden. Aber selbst vor zwei Jahren, als es nicht so arg war, ist jede Sitzgelegenheit willkommen – überhaupt, wenn man eine tolle Aussicht auf die Almen im Tal, das Trauntal bei Bad Goisern sowie das westliche Tote Gebirge genießen kann.

Im felsigen Teil des Aufstiegsweges ist auch die eine oder andere Seilsicherung eingebaut, unbedingt benötigt wird diese in den Sommermonaten allerdings nicht. Die Goiserer Hütte, wo ich nach etwa drei Gehstunden ankomme, ist schon seit einiger Zeit zu sehen. Die Hütte hat nicht nur eine feine Aussichtsterrasse, wo nur ein stärkerer Blasius eventuell stören könnte, sondern auch kulinarisch einiges zu bieten. Eine Einkehr drängt sich daher geradezu auf.

Schon während der Mahlzeit lasse ich meinen Blick in der Gegend umherschweifen. Hoch über dem Kesselgraben bauen sich der Hoch Kalmberg und seine Nachbarn auf. Einige schwarze (schwierige) Wege bzw. Klettersteige führen dort hinauf. Auf der anderen Seite erspähe ich vermutlich die Ausläufer der Osterhorn-Gruppe und in einiger Entfernung weiter südwestlich das Tennengebirge. An dessen südlichen Flanken werde ich im Verlauf des Nordalpenweges auch noch vorbei kommen. Zuvor steht aber noch die Teilumrundung des Gosaukammes an. Um dorthin zu kommen, wende ich mich von der Goiserer Hütte zur Schartenalm hinab, die auf mich so wirkt, als hätte es an dieser Stelle archäologische Ausgrabungen gegeben.

Der Weg beschreibt nun einen Bogen in südwestlichere Richtung und sticht in einer leichten Einsattelung durch ein kurzes Waldstück. Kaum verlasse ich dieses, wird der markante Gosaukamm erstmals sichtbar. Der Weg folgt ein Stück einer breiteren Forststraße, bis er sich jäh die Forstraße nun abkürzend in direkter Falllinie zur Iglmoosalm hin wendet.

Auf der Alm kann eingekehrt werden, ich lasse sie allerdings aus und steige weiter durch den Wald ab, bis Vordertal, ein Ortsteil von Gosau erreicht ist. Vordertal wird aber vom 01er umgangen, bis ich auf die zum Pass Gschütt führende Bundesstraße treffe. Erst dort gehe ich nach Gosau hinein. Achtung: Der Zeitbedarf für die Strecke bei Vordertal kann leicht unterschätzt werden. Die Bushaltestelle befindet sich ca. 300 Meter unterhalb des „Kirchenwirtes“ auf der Straße nach Hintertal, wodurch es mit der avisierten Busverbindung noch eng wird.
Öffentliche Verkehrsanbindung: Busverkehr von Gosau zum Bahnhof Steeg-Gosau oder auch nach Bad Ischl. Weiter mit der Bahn Richtung Attnang-Puchheim.
15.09.2015: von Gosau zur Theodor Körner-Hütte, 12 km
Den oben erwähnten Kirchenwirt suche ich für ein zweites Frühstück auf, besorge dort auch einen Stempel und dann geht es auch schon los. Die Kaltfront, die über Nacht durchs Land gerauscht ist, macht sich Richtung Osten davon und als ich von Gosau aufbreche, reißt die Wolkendecke schon deutlich auf und eine weitere zwei- bis dreitägige föhnige Wetterphase kann beginnen.

Zuerst steige ich ein paar Stufen zu einer Kapelle am Kalvarienberg hoch, genieße ein weiteres Mal die Aussicht auf Gosau-Vordertal und verschwinde augenblicklich im Wald. Ich befinde mich jetzt am „Herrenweg“ mit der Nummer 611, ebensogut könnte er aber auch als Holzweg bezeichnet werden. Wegen des oft feucht-matschigen Untergrundes wurde der Weg mancherorts flächendeckend mit Holz ausgekleidet. So steigt der Pfad durch den Wald bergan bis zu einer Forststraße, die ich ein Stück benütze, um dann wieder auf einen Pfad zur eher häßlichen Talstation des „Hornspitz-Express“ einzuschwenken. Im Bereich der Ötscheralm habe ich eine halbwegs gute Sicht hinunter zum Vorderen Gosausee.

Damit begnügt sich der Nordalpenweg nicht, sondern er steigt noch steil weiter bis in den Bereich des Skigebietes Zwieselalm. Kurz vor dem Fuß des Kleinen Donnerkogels ist die nächste Stempelstelle – die Gablonzer Hütte – erreicht. Bei einem deftigen Mittagsmahl sinniere ich darüber, ob die Hofpürglhütte an diesem Tag noch in meiner Reichweite ist oder nicht.

Kurz muss ich noch etwas steiler bis zum Durchgang zwischen Törleck und Kleinem Donnerkogel aufsteigen, dann geht es in ständigem Auf und Ab steinig auf dem Westabhang des Gosaukammes weiter. Ich befinde mich nun laut meiner Karte auch auf dem Austriaweg. Zuletzt durch ein kurzes Waldstück hindurch, betrete ich endlich die Weiden der Stuhlalm. Mit der Bischofsmütze im Hintergrund ergibt sich ein großartiges Fotomotiv.

Die Theodor Körner-Hütte ist nur fünf Gehminuten entfernt. In beiden Hütten besteht die Möglichkeit zur Nächtigung. Ich bleibe in der Theodor Körner-Hütte, denn bis zur wahrscheinlich deutlich stärker frequentierten Hofpürglhütte sind es noch an die zweieinhalb Stunden.

Das wirft auch meinen ursprünglichen vagen Plan, am Folgetag bis zur Dr. Heinrich Hackel-Hütte zu kommen, über den Haufen und ich werde mich wohl oder übel in Lungötz um eine Schlafgelegenheit kümmern müssen.
16.09.2015: von der Theodor Körner-Hütte via Hofpürglhütte nach Lungötz, 19 km
In der Nacht fegt ein mächtiger Föhnsturm über die Hütte hinweg, der legt sich allerdings bis zum Morgen insoweit, als dass ich nach dem Frühstück in gerader und aufrechter Körperhaltung weiter marschieren kann. Ein paar Schritte zurück bis zur Abzweigung hin zum Stuhlloch – einer riesigen von Krummholz bewachsenen Senke – habe ich zu gehen. Bereits auf dem Weg zum Stuhlloch erkenne ich den enorm steilen Schwarzkogelsteig, der seit einem Felssturz vor ein paar Jahren ein Stück weg von der Bischofsmütze verlegt werden mußte.

Den Steig erledige ich in ungefähr zwanzig Minuten, von der Scharte nehme ich ein letztes Mal die Theodor Körner-Hütte wahr. Der Weg strebt nun wieder zum ursprünglichen Pfad hin und in einem Bogen mit Aussicht auf diverse darunter liegende Almen, dem Tennengebirge und dem Hochkönig komme ich bis zu einer Wegteilung. Der Nordalpenweg fällt hier in Richtung Arzbergalm ab, zum Stempeln auf der Hofpürglhütte muss ich allerdings noch eine halbe Stunde geradeaus weiter und wieder hierher retour.

Auf der Hütte habe ich auch die einzige Möglichkeit für ein (eher frühes) Mittagsmahl. Nach gut eineinhalb Stunden stehe ich wieder an besagter Wegteilung, folge dem Weg nach unten und stehe vor dem Problem, dass das Weidevieh den Weg ziemlich übel zugerichtet hat, so dass er nun unkenntlich ist. Auch die nächste Markierung ist noch nicht auszumachen. So steige ich eben wild dorthin hinab, wo der Weg zu vermuten ist und bald habe ich damit Erfolg – die Markierung taucht wieder auf. Bis zur Arzbergalm bin ich dann auf schmalen Pfaden mit einigen Bachbettquerungen und auch kurz auf einer Forststraße unterwegs. Bei der Alm biege ich rechts in einen Karrenweg ein und bin bald auf einem Waldweg, der mich wieder zu einer Forststraße bringt. Dieser folge ich endgültig ins Tal. Dort sind es noch einige Straßenkilometer über Neubach bis nach Lungötz.

Der Lungötzer Hof, wo ich das letzte Bett ergattere, ist an diesem Tag fest in ungarischer Hand – von der Chefin bis zu den Gästen aus einem 50-sitzigem Reisebus.
Öffentliche Verkehrsanbindung: mit dem Bus entweder über Bischofshofen und Salzburg oder über Golling-Abtenau und Salzburg.
17.09.2015: von Lungötz via Karalm und Koreinalm nach Werfen, 28 km
Für heute ist der Zusammenbruch des Föhns und das Eintreffen einer Kaltfront über dem Salzburger Land vorhergesagt, was einige Sorgenfalten auf meiner Stirn verursacht. In der Dr. Heinrich Hackel-Hütte würde ich bei derartigen Aussichten um einiges lieber frühstücken. Dennoch entscheide ich mich für den längeren Weg über die Almen dorthin und nicht für die lange Schotterstraße durch das Lammertal samt (ehemaligen?) Truppenübungsplatz. Bei einer wild zugewachsenen Böschung weist ein gelbes Schild schlappe fünf Stunden Gehzeit zur Dr. Heinrich Hackel-Hütte aus. Ich nehme also die Herausforderung an und wandere über Wiesen- und Karrenwege, am Ende auch durch einen schattigen Wald bis zu einer breiten Forststraße.

Diese zieht sich länger und immer höher oberhalb des Lammertales, bis es jäh links bergauf auf die Karalm samt Jausenstation geht. Aus Zeitgründen lasse ich diese aus und gelange auf einen schmalen Waldpfad, der sich ab und an steiler zur Koreinalm hochschwingt. Dieses Teilstück nimmt am Ende doch ein wenig mehr Zeit in Anspruch, als von mir geschätzt.

Über einen bewaldeten Hang samt Querung von ausgetrockneten Bachläufen erreiche ich die Hofalm. In der Flanke der Brandlbergköpfe gewahre ich weiter unten ein Skigebiet mit diversen Liftanlagen, dorthin führt mich mein Weg allerdings nicht. Vielmehr wendet er sich dem Jochriedel zu, wo er sich mit der um zwei Stunden kürzeren Variante durch das Lammertal wieder vereinigt. Statt der angekündigten fünf Stunden benötige ich letztendlich nur 4:10 Stunden bis zur ersehnten Hütte. Das Wetter hält sich zu diesem Zeitpunkt auch noch recht gut, so dass ich auf der Hüttenterrasse Platz nehmen kann.

Das ist auch gut so, denn die Terrasse bietet eine hervorragende Aussicht in den Wengerwinkl hinunter bis Werfenweng. Genau dort hinunter muss ich jetzt, teilweise wieder sehr steil.

In Werfenweng fallen erste Regentropfen aber es mag nicht so recht nass werden, was mir noch eine gewisse Schonfrist gewährt. Im wesentlichen steige ich entlang des Wengerbaches hinab nach Pfarrwerfen im Salzachtal, zum Stempeln bzw. für eine gute Bahnverbindung nach Hause wende ich mich jedoch Werfen zu. Die Burg hoch darüber ist schon von weitem zu erkennen.

Und es wird wirklich noch ein „Fotofinish“ mit der angesagten Regenfront. Ich sitze kaum im Wartebereich des Bahnhofes von Werfen, da beginnt ein Sturm durch das Salzachtal zu fegen, dass es sogar die beiden schweren Holztüren des Bahnhofsgebäudes aufdrückt und ich im Warteraum meine Siebensachen festhalten muss. Derartig plötzlich auftretende, starke Böen hätten mich wohl auf der Stelle vom schmalen Bergpfad herunter geholt und im nächstgelegenen Graben deponiert. Auf der Heimfahrt in Höhe Salzburg Stadt ist der Spuk wieder vorbei und ein gemächlicher Schnürlregen setzt ein.
Öffentliche Verkehrsanbindung: mit der Bahn von Werfen über Salzburg Hbf.
Lässig geschrieben!
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Danke! Aber du weißt ja, ich versuche immer mein Bestes zu geben.
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