Zugegeben – obwohl kaum zweihundert Kilometer entfernt – ist es meine erste richtige Visite in dieser Stadt. Kennenlernen wollte ich sie schon länger, das Vorhaben ging sich bisher nie so recht aus oder wurde von Anderem an Priorität zurückgedrängt.
Eingangs ein paar Daten zu Graz:
Die steirische Landeshauptstadt und Kulturhauptstadt Europas 2003 ist die zweitgrößte Stadt Österreichs (ca. 290.000 Einwohner) und gleichzeitig Bischofssitz der Diözese Graz-Seckau. Ihre Altstadt wurde im Jahr 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Außerdem ist Graz auch noch Universitätsstadt für etwa 60.000 Studierende.
Landschaftlich auffällig sind der Schlossberg mit dem Wahrzeichen „Uhrturm“ im Zentrum sowie der Hausberg „Schöckl“ mit seiner Rundfunk-Sendeanlage nördlich des Ballungsraumes. Die von Nord nach Süd fließende Mur teilt die Stadt in eine Ost- und eine Westhälfte.

Die Stadt ist in siebzehn Bezirke gegliedert. Die Innere Stadt (I) bildet dabei das Zentrum, um das sich die historisch gewachsenen ehemaligen Vorstädte St. Leonhard (II), Geidorf (III), Lend (IV), Gries (V) und Jakomini (VI) gruppieren. Die restlichen Vorstadtgebiete wurden dann 1938 eingemeindet. Der gewöhnliche Tourist bekommt davon meist nur die Innere Stadt und Lend zu sehen, allenfalls noch bereichert um einen Besuch des Schlosses Eggenberg.
Die Anreise:
Wer nicht mit dem eigenen PKW fahren will, für den ist Graz auch gut mit Bahn und Bus zu erreichen. Die Züge der ÖBB fahren im Stundentakt und benötigen für die Strecke etwa zweieinhalb Stunden. Um nicht an einen bestimmten Zug gebunden zu sein, erwerbe ich das Ticket beim Fahrkartenautomaten um 19,50 EUR (einfache Fahrt). Das ist der für VorteilsCard-Besitzer gültige Tarif. Mit der „Sparschiene“ ginge es noch um ein paar Euro günstiger, man ist dafür aber weit weniger flexibel.
Die Konkurrenz, d.h. der Flixbus, ist um etwa eine halbe Stunde schneller (lt. Fahrplan) und bietet seine Tickets bereits ab neun Euro an.
Touren durch Graz:
Die Graz Tourismus Information, die mir zur Vorbereitung ihre Prospekte zugesendet hat, schlägt drei Themenrouten vor, die miteinander kombiniert tagesfüllend sind.
- die Grazer Altstadtrunde – Spaziergang durchs Weltkulturerbe
- historisch und modern – über die Mur, wieder retour
- Grazer Schlossberg – über den Dächern der Stadt
Die Stadterkundung oder „Aus drei Runden mach eine“:
Um mich einmal warm zu laufen, lege ich die ersten knapp zwei Kilometer zu Fuß vom Bahnhofsviertel, wo ich logiere, durch die Annenstraße bis zum Südtiroler Platz beim Kunsthaus Graz zurück. Der Südtiroler Platz hieß früher Murplatz. Wer das nicht weiß, sucht die Adresse aus dem DKT-Spiel vergeblich. Ich befinde mich hier im Bezirk Lend, einem Stadtteil, welcher in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt hat. Unweit vom Südtiroler Platz befindet sich der vom Minoritenkloster architektonisch dominierte Mariahilfer Platz.

Auf der anderen Seite des Platzes bin ich bereits am Lendkai und beim Abgang zur Murinsel, die mich zur Sackstraße in der Inneren Stadt hinüber bringt. Von hier aus kann man den zentralen Hauptplatz mit dem Rathaus und dem Erzherzog Johann-Denkmal bereits erkennen.
Ich drehe eine schnelle Runde um den Platz und begebe mich wieder zum Schlossbergplatz zurück, um des guten Wetters wegen zum Uhrturm hinauf zu gelangen. Neugierigerweise betrete ich allerdings einen langen Stollen durch den Schlossberg hindurch, welcher auf die andere Seite zum Karmeliterplatz führt, weshalb der Aufstieg diesmal von der anderen Seite her angegangen wird. Nach ein paar Kehren ist das Wahrzeichen der Stadt erreicht und der Tiefblick auf die Altstadt überwältigend.


Am frühen Vormittag sind noch nicht allzu viele Touristen hier heroben und die meisten nehmen die Schlossbergbahn als Aufstiegshilfe. Vorbei an Türkenbrunnen, Chinesischem Pavillon und der Stallbastei steht man nach wenigen Minuten vor dem 1588 erbauten Glockenturm mit der berühmtesten Glocke der Stadt, der sogenannten „Liesl“. Derjenige, der ihren Klang einmal vernommen hat, kann ihren Bekanntheitsgrad sicher nachvollziehen.
Über das Eingangsportal zur Kasemattenbühne hinweg gehend erreicht man das begrünte Plateau des Schlossberges, von dem man an klaren Tagen gut nach Norden zum Schöckl hinüber sehen kann. Hierher zum Hackher-Löwen kommt man auch vom Schlossbergplatz via Kriegssteig, dann Jubiläumssteig und anschließend dem Major-Hackher-Weg. Diese Variante werde ich am nächsten Tag nehmen.
Damit schließe ich das Thema Schlossberg ab und kehre zur beim Glockenturm liegenden Bergstation der Schlossbergbahn zurück. Eine Fahrt mit der Bahn sollte man sich als Tourist in Graz schon gönnen – es lohnt sich wirklich. Als passionierter Weitwanderer wähle ich natürlich die Talfahrt, bergauf wird von wenigen Ausnahmen abgesehen marschiert. Der Fahrpreis beträgt derzeit 2,30 EUR und das Ticket ist eine Stunde ab Kaufzeitpunkt gültig.

Von der Talstation am Franz-Josefs-Kai folge ich der Straßenbahn wieder in die Sackstraße hinein und gelange so neuerlich zum Hauptplatz.

Jetzt nehme ich mir die Herrengasse vor. Die Fußgängerzone ist die Einkaufsmeile der Stadt schlechthin. Die auffälligsten Bauwerke sind das Landhaus (Sitz des steirischen Landtages) und die Stadtpfarrkirche. Die Straße hat aber auch den Geruch einer Touristenmeile. Ab der Ringstraße kann ich die Touristen wieder abschütteln und ich wage mich bis in den Bereich des Opernhauses, des zweitgrößten von Österreich, vor. Gleich dahinter befindet sich der Kaiser-Josef-Platz, wo ein am Samstag ziemlich belebter Bauernmarkt besucht werden kann. Auf der anderen Seite der Oper drehe ich eine kurze Runde durch die südlichen Ausläufer des Stadtparks.

Die Herrengasse ruft mich ein zweites Mal. Nun in entgegengesetzter Richtung folge ich ihr bis zur Stempfergasse, die auch sehr sehenswert sein soll. Zu sehen gibt es diesmal jedoch nur eine größere Baustelle. Die Enge Gasse bringt mich via Glockenspielplatz, zu welchem ich am Nachmittag nochmals zurückkehren werde, zum Mehlplatz hin. Durch eine Fussgängerpassage und den „Generalihof“ gelange ich wieder zur Herrengasse. Da ich diese bereits kenne, nehme ich mir jetzt die sehenswerten Innenhöfe der Gebäude vor.
Ein Highlight ist hier sicher jener des Landhauses. Laut Graz Tourismus Information gilt er mit seinen Arkaden als Meisterwerk der italienischen Renaissance. Der Haupttrakt des Landhauses wurde nach den Plänen des Architekten Domenico dell’Allio errichtet. Im Hof finden öfter Konzerte, Theateraufführungen und diverse Feste statt.

Gegenüber dem Landhaus befindet sich das „Gemalte Haus“, das den „Herzoghof“ umgibt. Daneben gibt es noch zahlreiche weitere kleinere und weniger bekannte Innenhöfe, die auch sehr einladend wirken.
Ich wende mich nun aber der Sporgasse zu. Gleich an der Ecke zum Hauptplatz befindet sich das „Luegghaus“ mit seiner prächtigen Stuckfassade. Weiter oben lasse ich es mir nicht nehmen, einen Blick in den „Hof des Deutschen Ritterordens“ mit seinen Arkaden zu werfen. Dort lerne ich, was „Murnockerl“ sind, nämlich von der letzten Eiszeit her rundgeschliffene Steine aus der Mur. Genau mit diesen Steinen ist der Innenhof gepflastert.

Die Stiegenkirche an der Südseite des Schlossberges ist die älteste Pfarrkirche der Stadt (1343). Sie liegt ein wenig hinter den Gemäuern eines früheren Augustinerklosters verborgen.
In der nahen Hofgasse befindet sich die Hofbäckerei Edegger-Tax, die mit ihrem hervorstechenden Geschäftsportal aus Holz auffällt. Hier werden angeblich köstliche Bäckereien aus der Kaiserzeit feilgeboten. Ich gebe zu, ich habe davon nicht gekostet, werde mir diese Adresse aber jedenfalls für zukünftige Aufenthalte in dieser Stadt jetzt schon vormerken.
Über den Freiheitsplatz und vorbei am Schauspielhaus stehe ich bald vor der Grazer Burg, dem Sitz der steirischen Landesregierung. Kurz nach dem ersten Burghof links befindet sich ein Meisterwerk der spätgotischen Steinmetzkunst, nämlich die im Jahr 1499 errichtete Doppelwendeltreppe.

Durch das Burgtor hindurch erblickt man links den Burggarten. Dieser interessiert mich jetzt allerdings weniger und so wende ich mich dem gegenüber der Burg erbauten Grazer Dom zu. Im benachbarten kaiserlichen Mausoleum (Ferdinand II.) wird für den Eintritt ein Obolus verlangt. Wegen der knappen verbleibenden Zeit bis zum Beginn des Glockenspiels am gleichnamigen Platz bleibe ich draußen.
Das Glockenspiel wird dreimal am Tag geboten. Um 11,15 und 18 Uhr öffnen sich zwei Fensterflügel im Giebel des Glockenspielhauses und ein holzgeschnitztes Trachtenpärchen dreht sich zum Klang dreier unterschiedlicher Melodien.


Über den Färberplatz und die Albrechtgasse komme ich an den Gemäuern des Franziskanerklosters vorbei. Gleich nebenan steht die stadtbildprägende Franziskanerkirche.

Einmal kurz über die Erzherzog-Johann-Brücke marschiert und schon baut sich das Kunsthaus Graz im Lendviertel vor mir auf. Dieses wirkt auf den Besucher wie ein überdimensionales menschliches Organ. Die Bezeichnung des modernen Gebäudes als „Blaue Blase“ kommt so ein wenig respektlos daher. Das ebenfalls sehr gebräuchliche „Friendly Alien“ ist da schon um einiges sympathischer.

Die Dunkelheit bricht bereits herein, als ich neuerlich auf dem Schlossbergplatz eintreffe. Noch kurz beim Kaufhaus Kastner & Öhler vorbei kommend beende ich meinen Stadtrundgang am Hauptplatz.

Auf dem Weg zurück zum Bahnhof lohnt ein Abzweig von der Annenstraße hinein in die Dominikanergasse zur St. Andrä-Kirche und weiter durch die Kernstockgasse vorbei am Geburtshaus des Dirigenten Karl Böhm. Am Mühlgang entlang durch die Elisabethinengasse kehre ich wieder zur Annenstraße zurück.
Etwas zu kurz bei meinem Stadtrundgang kommen Graz‘ Märkte. An deren drei komme ich vorbei, nämlich am Kaiser-Josef-Markt hinter der Oper, dem größten Bauernmarkt der Stadt. Auch am Lendplatz gibt es einen Markt, wo die Kombination aus Markt und Gastro für Zulauf sorgt. Marktbetrieb herrscht weiters noch am Hauptplatz, denn hier schlägt vor Ostern ein Kunsthandwerksmarkt seine Zelte auf.

Als Programm für den zweiten Tag wäre eine Wanderung in der näheren Umgebung der Stadt angedacht gewesen, wegen des zähen Winters und des daraus resultierenden tiefen Waldbodens gerät dieser Plan jedoch rasch ins Wanken. Meine ein wenig angegriffene Gesundheit tut da noch ein übriges, so dass ich in der Stadt bleibe und sie auf den Spuren von gipfelrast.at von West nach Ost durchquere. Bitte den Wegverlauf und die Hinweise auf Sehenswertes (vorerst) dort nachlesen.
Wie komme ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Stadt?
Wer nicht ins Grazer Umland will und zu diesem Zweck besser die S-Bahn- bzw. Regionalbuslinien benutzt, dem steht mit den sechs Straßenbahnlinien ein gutes Basisnetz für die innerstädtische Mobilität zur Verfügung. Ergänzt wird dieses noch um einige Buslinien, welche ich jedoch nicht benötigt habe. Eine Einzelfahrt kostet 2,30 EUR, mit diesem Ticket kann man eine Stunde ab dem Erwerb fahren. Weiters werden auch 24-Stunden Tickets um 5,10 EUR angeboten, die ab drei Einzelfahrten in diesem Zeitraum lohnen. In diesem Tarifsystem ist auch die Schlossbergbahn inkludiert. Speziell für Touristen gibt es auch ein Dreitages-Ticket um 12,10 EUR, wobei auch einige Eintritte inkludiert sein sollen.
Ich selbst habe für zwei Tage ein 24-Stunden Ticket und eine zusätzliche Einzelfahrt benötigt.
Wohin geht man in Graz essen und trinken?
Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, überhaupt, wenn man zum ersten Mal in diese Stadt kommt. Grundsätzlich findet man bei den Stadtrundgängen und im Lendviertel immer Lokale zum Einkehren, in der Nähe des Hauptplatzes und der Fußgängerzone Herrengasse sind diese allerdings oft überfüllt, was den zahlreichen Touristen geschuldet sein mag. Die Gaststuben für die Mittagsverpflegung habe ich eher zufällig entdeckt, denn sie liegen ein wenig versteckt. So z. B. die „Weinstube Gasthaus Herzl“ in einer Nische des Mehlplatzes, wo man auch gut essen kann oder den „Schlösslhof“ am oberen Ende der Sporgasse beim Karmeliterplatz. Lecker sahen auch die Gerichte im Gasthof „Alte Münze“ am Schlossbergplatz aus, ich belasse es hier aber bei einem Glas Schilcher.

Schwieriger wird es, wenn man ein Platzerl für Kaffee und Kuchen am Nachmittag sucht. Die Innenstadtcafés sind am Wochenende berstend voll und man muss einige Zeit warten. Wer das – so wie ich – nicht will, erkauft sich die Ruhe mit dem Nachteil eines Raucherlokals, wie etwa im Café Weitzer an der Ecke Grieskai/Belgiergasse. Wäre das Café rauchfrei, könnte ich eine uneingeschränkte Empfehlung dafür aussprechen.
Kaffee trinken kann man im „Blendend“ im Lendviertel übrigens auch, wenn auch nicht in Kaffeehausathmosphäre. Aber das eine oder andere Bier mit kleineren Häppchen dazu am (frühen) Abend lasse ich mir gerne schmecken. Interessant finde ich, dass „Caesar’s Salad“ hier auf dem Blech serviert wird. Wer es lauter mag: Ab 22 Uhr gibt es im Keller Live-Musik, da wird das Lokal an Samstagen dann auch richtig voll. Zu diesem Zeitpunkt bin ich dann aber schon wieder eine Wolke.
Selbst am Bahnhofgürtel in unmittelbarer Nähe der Annenpassage kann man sich im Gasthaus „Zu den 3 goldenen Kugeln“ sinnvoll die Zeit vertreiben. Dort findet nämlich eine äußerst schmackhafte Kaspressknödelsuppe den Weg in meinen Magen.
Wo kann man in Graz übernachten?
Die Graz Tourismus Information gibt eine Broschüre mit allerlei Vorschlägen in mehreren Preisklassen heraus. Ich wähle den für mich bequemsten Weg und übernachte im A & O Hostel in der Nähe des Hauptbahnhofes. Dort stünden mit dem Ibis Hotel und dem Hotel Daniel noch mindestens zwei weitere Nächtigungsmöglichkeiten zur Auswahl.
Fazit:
Ein kurzer Trip in die steirische Landeshauptstadt lohnt in jedem Fall, sei es nun aus historischem Interesse, kulturell motiviertem Antrieb oder in Verbindung mit Ausflügen in die Umgebung. Ein Wochenende reicht daher nicht, um alle Facetten dieser Stadt kennenzulernen, womit sich auch für mich noch ein einigermaßen breites Betätigungsfeld hier ergibt. Kurz angedeutet sollen an dieser Stelle nur die netten regionalen Wanderwege in der Umgebung sein.
An Schlechtwettertagen seien die Grazer Museen empfohlen, während meiner Anwesenheit in der Stadt war die Witterung eher zu trocken dafür. Auch Fotografen kommen auf ihre Rechnung, sei ihr Interesse nun eher auf Architektur oder mehr auf Natur ausgerichtet. Die Geschmacksnerven haben im Steirischen ohnehin jede Menge zu tun, denn Angebote an landestypischen Spezialitäten gibt es zuhauf.
Ein Gedanke zu „Ins grüne Herz – ein Wochenend-Trip nach Graz“