Die Nacht verläuft ruhig, der Himmel bleibt klar, so dass wir trotz der anfangs noch recht frischen Morgenluft auf der Terrasse das reichliche Frühstück genießen können. Ob der Hüttenhund, der mittlerweile einen kleinen Spielgefährten hat, auch etwas davon abbekommt, ist mir nicht mehr in Erinnerung. Die Sonne steigt höher und die rasch einsetzende Erwärmung verleitet dazu, den Aufenthalt bei der Hütte noch ein wenig zu verlängern, aber wir müssen weiter.

Der Nebelstein ist sowohl Ausgangs-, End- als auch Kreuzungspunkt von knapp einem Dutzend Weit- und Fernwanderwegen. Zur Erinnerung: Wir begehen den klassischen Nordwaldkammweg mit der Wegnummer 105. Wir steigen heute vom Nebelstein bis zur Wegteilung „Eisenwerk“ ab und folgen der Lainsitz sowie später dem Einsiedelbach nach Karlstift, wo wir dann Richtung Oberösterreich einschwenken. Unser Tagesziel Sandl befindet sich bereits jenseits der Landesgrenze.

Tag der Tour: 22.04.2018;
Strecke: Nebelstein – Karlstift – Stadlberg – Sandl;
Länge: 25,3 km; Aufstieg: 369 m; Abstieg: 433 m;
Nach der Verabschiedung von den Wirtsleuten schultern wir unsere Rucksäcke und begeben uns hinab zum nur etwa zehn Minuten entfernten Parkplatz der Hütte. Dort befindet sich in unmittelbarer Nähe ein Weitwanderstein, auf dessen vier Seiten je ein Weitwanderweg angefühhrt ist. Unser Nordwaldkammweg ist darunter, daher wird der Stein von uns sogleich verewigt.

Über wilde Wiesen namens „Himmelreich“ und ein kurzes Waldstück gelangen wir zum Weiler Althütten, welcher seinen Namen einer ehemaligen Glashütte verdankt. Hier tauchen wir abermals über einen Wiesenweg und später eine Forststraße in den Wald ein. Wir kommen an einigen abgelegenen Häusern von Friedental vorbei und steigen danach steiler – teilweise auch auf schmalem Waldpfad – zum Wegpunkt „Eisenwerk“ ab, wobei einmal mitten im Wald auf eine eher unauffällige Y-Teilung des Pfades zu achten ist. Bis „Eisenwerk“ verlaufen der 105er, der Nord-Süd-Weitwanderweg 05 sowie der Eisenwurzenweg 08 gemeinsam, hier jedoch verabschiedet sich der Eisenwurzenweg und schlägt eine nach Osten führende Richtung ein.

Der klassische Nordwaldkammweg und der Nord-Süd-Weitwanderweg wenden sich hingegen zunächst nach Westen zum wenige Meter entfernten ehemaligen Eisenwerk hin und folgt vorerst einmal der Lainsitz, die bald darauf auf einem Steg übersetzt und auf einem bergan ziehenden Pfad verlassen wird.

Wir erreichen wenig später eine Straße, der wir bis zu den Häusern von Joachimsthal folgen. Dahinter biegen wir in eine Forststraße nach Süden hin ab und marschieren auf dieser nun für längere Zeit meist leicht bergauf Karlstift entgegen. Wir begegnen hier niemandem, so dass die Ruhe (Stille wäre wohl eher übertrieben) – wenn nicht von uns selbst – nur vom nebenan dahinplätschernden Einsiedelbach unterbrochen wird.
Etwa um diese Zeit vertraut mir Astrid an, dass sie Probleme mit ihren Wanderschuhen hat, die eher fürs Hochgebirge als fürs Weitwandern ausgelegt sind und darum Blasen an den Füßen verursachen. Anzumerken ist ihr das allerdings noch keineswegs.

Um die Mittagszeit verlassen wir das Einsiedeltal, treten aus dem Wald wieder auf eine freie Fläche heraus und befinden uns kurioserweise „Am Sand“ am Rande des Skigebietes von Karlstift, wo nun Ende April alle Lifte ihren Betrieb bis zur nächsten Wintersaison längst eingestellt haben. Bei einer Kreuzung wenige Minuten darauf trennen sich schließlich auch der Nordwaldkammweg und der Nord-Süd-Weitwanderweg. Während der Nord-Süd-Weitwanderweg durch das südliche Waldviertel Arbesbach zustrebt, macht der 105er einen neuerlichen Schwenk am Eichelberg vorbei nach Westen.

Der Gasthof Zeiler in Karlstift hat geöffnet, womit sich eine Pause anbietet. Obwohl dieser am Sonntagmittag gut besucht ist, findet sich auch für uns beide noch ein Platzerl. Anschließend lassen wir die Gmünder Hütte rechts und die Dreifaltigkeitskapelle links liegen und kommen an eine Wegkreuzung. Hier machen wir von der Möglichkeit eines ein paar Minuten in Anspruch nehmenden Abstechers zur Lainsitzquelle nicht Gebrauch und gehen sofort zur Streusiedlung Stadlberg direkt an der Staatsgrenze zu Tschechien weiter.

An einem ehemaligen Forsthaus – dem sogenannten „Jagahäusl“ – vorbei beschreiten wir nun wieder bis kurz nach der Bucherser Kapelle bei Stadlberg Asphalt, dann geht es jedoch direkt an der Grenze in einen angenehmen Wiesenweg hinein.

Wir stoßen dabei auf diesen einladend wirkenden Rastplatz, doch die letzte Pause ist noch nicht so lange her.


Auf Wiesenwegen erreichen wir einige Bauernhöfe passierend den Bereich Sepplberg bzw. Schanzberg. wo sich auch der Dreiländerstein befindet. Kurz davor gönnen wir uns bei der „Schanz“ abermals eine kurze Pause.

Ein wenig geht es noch durch den Wald, bevor sich ein hoher Zaun mit einem – allerdings passierbaren – Durchstieg vor uns aufbaut. Der Weg verbreitert sich nun zusehends und wendet sich bei der nächsten Kreuzung abermals in Richtung Süden. Durch die „Kalte Kuhl“ zieht der Schotterweg nun zu den Rosenhofer Teichen hin, wo wir einigen Spaziergängern, Joggern und Radsportlern begegnen.

Am Ende der Forststraße sehen wir rechter Hand das Schloss Rosenhof – laut Wanderführer „eines der größten neuzeitlichen Mühlviertler Schlösser“. Der Weg wendet sich nun neuerlich nach Westen, ist jedoch wegen der latenten Astbruchgefahr seit 2015 um einige Meter aus einer zum Schloss gehörenden Kastanienallee heraus nach Süden versetzt. Durch eine über den Hengstberg führende Forststraße wandernd sehen wir am Beginn des Ortes Kohlstatt bereits unser Ziel Sandl unterhalb in einer Senke.

Kurz müssen wir der Böhmerwald-Bundesstraße durch Kohlstatt folgen, dann zweigen wir nach links über eine parallel verlaufende Gasse Richtung Sandl ab. Wieder können wir gegen sechzehn Uhr diese Etappe beenden und uns im Gasthof Fleischbauer vorstellen, wo wir Zimmer reserviert haben.

Ich genehmige mir noch einen kurzen Rundgang durch Sandl und erfahre bei dieser Gelegenheit, dass sich dessen Bewohner selbst als „Sandler“ bezeichnen und auch stolz darauf sind. Wo sind wir da bloß hineingeraten!
Im sonst um diese Zeit noch eher unterkühlten Mühlviertel lässt es sich bereits gut im Freien zu Abend essen. Dabei kommen auch Astrid’s schmerzhafte Blasen an den Füßen zur Sprache. Diese sind tagsüber nicht weniger geworden, es wird sich somit über Nacht entscheiden, ob morgen ein Duo in Freistadt ankommen wird oder ob ich vorerst als Solist weitermachen muss.
Kurzes Fazit: Das Mühlviertel weiß bereits auf den ersten Kilometern zu gefallen.
2 Kommentare zu „Nordwaldkammweg Tag 2: Abstieg zu den „Sandlern““