Gerade einmal zwei Wochen nach der Unterbrechung meiner Begehung des klassischen Nordwaldkammweges bei Freistadt mache ich mich neuerlich ins Mühlviertel auf, um in zwei Tagen bis nach Haslach an der Mühl voranzukommen. Ich treffe Astrid am Linzer Hauptbahnhof und eine gute Stunde später entsteigen wir erwartungsvoll – am leider noch immer weit außerhalb von Freistadt befindlichen Bahnhof – dem Zug. Zum Stempeln begeben wir uns diesmal von einer anderen Seite wieder in die Stadt hinein. Wandertechnisch und optisch versäumt man dabei eher wenig, denn außer Straßen begeht man nur noch mehr Straßen. Der einzige mir in Erinnerung gebliebene Hingucker auf dem Weg ins Zentrum ist diese Aussicht:

Lange bleiben wir nicht, denn erstens kenne ich die Altstadt bereits vom letzten Mal her, zweitens zeigt Astrid nur mäßiges Interesse an einer Besichtigung und drittens rückt die Zeit unaufhaltsam weiter vor. Halb zehn ist es bereits, als wir uns St. Peter zuwenden und die Tour erst so richtig beginnt.
Tag der Tour: 05.05.2018;
Strecke: Freistadt – Schenkenfelden – GH ‚Zur Waldschenke‘ am Sternstein;
Länge: 23,5 km; Aufstieg: 594hm; Abstieg: 409hm;
Gedenkstein – Mühlstein – Hirtstein – Sternstein, so oder ähnlich lassen sich einige Wegpunkte aufzählen, die wir heute zu passieren haben. Wobei die Anführung des Sternstein in diesem Zusammenhang nicht ganz exakt ist, denn dessen Gipfel mit seiner Aussichtswarte werden wir erst morgen erklimmen. Aber – das sei an dieser Stelle erwähnt – zeit- und wettermäßig wäre es sich auch heute schon ausgegangen. Was in der Auflistung noch fehlt, ist der Wanderstein am Stadtgraben von Freistadt, an dem wir nicht vorbeikommen.
Anfangs hat das Barometer noch ein wenig Luft nach oben, da das Wetter in der ersten Tageshälfte ein wenig durchwachsen ist und die Sonne sich hinter Dunst und Wolken rar macht. Dieser Umstand ist jetzt noch nicht wirklich störend, haben wir es doch gleich nach der Stadtgrenze mit einem mir bereits bekannten Anstieg auf einem Kreuzweg nach St. Peter zu tun. Der kommt mir zu Beginn des Tages deutlich gutmütiger vor als am Ende der letzten Dreitagestour. Am Nordwaldkammweg-Gedenkstein zu Ehren des Wegbegründers Hellmuth Feix sowie an der ehemaligen gotischen Friedhofskirche von Freistadt vorbei folgen wir dann der zum Bahnhof führenden Straße bergab bis zum in Richtung Steinkellnergut abzweigenden Pfad.

Dieser Pfad, in den wir nun einschwenken, tangiert einige Gehöfte und wird dabei zum Schotterweg, der schließlich an einer Straße endet. Auf dieser verbleiben wir die nächsten 250 Wandermeter, bis wir uns nach einer Brücke links halten, die Bahnstrecke Freistadt-Summerau queren und auf ein Viadukt der ehemaligen – von Linz nach Budweis verlaufenden – Pferdeeisenbahn zugehen.

Einen ähnlichen Eindruck aus längst vergangenen Zeiten erweckt nur wenige Gehminuten danach die Bodenmühle oder Bachmühle, wie sie in meinem Wanderbuch auch bezeichnet wird. Mühlviertel! Wir befinden uns laut Wikipedia immerhin schon tief im zweitgrößten der vier „historischen“ Viertel Oberösterreichs, wohl wissend, dass die Region ihren Namen von den drei sie durchziehenden Flüssen Große Mühl, Kleine Mühl und Steinerne (!) Mühl hat.

Unmittelbar nach der Mühle nimmt der Anstiegsweg nach Waldburg seinen Ausgang. Je höher wir kommen, desto aussichtsreicher wird er – wenn da heute der Dunst und die Wolkenschleier nicht wären.

Bei Waldburg angekommen, haben wir trotz des bewölkten Himmels eine nette Aussicht zumindest auf den Anstiegsweg. Während wir den Ort durchwandern, beginnt es schließlich auch zu regnen. Die Regenausrüstung wird diesmal also nicht umsonst mitgeschleppt. Der Niederschlag hält nicht lange an und wird nur im Bereich von Harruck lästiger. Währendessen sorgen die gelb blühenden Rapsfelder am Wegesrand für ein wenig Farbe in der Landschaft.

Am Vierhöfergut vorbei begeben wir uns – bereits zur Mittagszeit – auf glitschigen Feldwegen zum Gasthof Pammer in Guttenbrunn hinab, der einen recht einladenden Eindruck auf uns macht. Nach dem Regen nehmen wir dessen kulinarisches Angebot nur allzu gerne an.

Wir machen es uns gleich beim warmen Kachelofen in der Wirtsstube bequem und studieren die Speisekarte. Sie ist sehr zu empfehlen, nur ob die Säfte immer das sind, als was sie angeboten werden? Zweifel bleiben bestehen, als wir unseren Weg wieder auf Feldwegen und Wiesenpfaden fortsetzen.

Wir halten nun auf den bereits von weitem sichtbaren Hirtstein zu, während sich die Sonne mehr und mehr durch die Wolken kämpft und am Ende auch gewinnt. Bei einem Gehöft bei Oberdorf queren wir noch eine Straße, dann geht es schon steiler bergauf in den Wald hinein. Immer weiter steigend erreichen wir eine Kreuzung auf dem Thierberg, wo wir uns für einen kurzen Abstecher zum Gipfel des Hirtstein entscheiden. Der Gipfelaufbau besteht aus mehreren Granitblöcken, welche man bis zum Gipfelkreuz beklettern kann. Auch wir betätigen uns hier als Klettermaxe. Beim Abstieg werde ich prompt beim Streicheln eines der Granitblöcke ertappt.

Sobald wir von der Kraxeleinlage genug haben, kehren wir zur besagten Kreuzung beim Thierberg zurück und beginnen mit dem Abstieg nach Schenkenfelden, der ersten größeren Siedlung seit Waldburg. Gleich als wir den Wald verlassen, liegt die Gemeinde direkt vor bzw. in einer Senke unter uns. Hier gibt es das erste Mal Unklarheit bezüglich der Wegführung, weil ein Schild oder eine Markierung abgeht. Die Interpretation meiner Karte rät zu einer spitzwinkeligen Richtungsänderung zur Hauptstraße hinunter, womit wir auch richtig liegen.

Um wieder freies Gelände um uns herum zu haben, bedarf es einiger Geduld. Ziemlich lange zieht sich die Straße durch Schenkenfelden bis zur Kirche und von dort wandern wir rechts abbiegend nochmals einige Zeit an einer anderen Fahrbahn entlang bis zum letzten Haus. Was uns dann erwartet, ist nicht unbedingt erbaulicher: Statt Gebäuden aller Art befinden sich nun landwirtschaftliche Kulturen am Straßenrand, an der oft geraden Straße ändert sich allerdings noch kilometerlang wenig bis nichts.

Nach den endlosen Straßenkilometern werden wir von der Wegführung auf einen Forstweg in den Wald – das sogenannte „Bannholz“ – geschickt. Ob Asphaltstraße, Schotter- oder Wiesenweg, letztendlich beschreiten wir stets einen Kammweg, wie Astrid hier zu demonstrieren versucht.

Das „Bannholz“ bedeckt eine Anhöhe. Als es von dieser wieder hinuntergeht und wir aus dem Wald heraustreten. genießen wir eine der schönsten Aussichten des Tages. Vor uns breitet sich im sonnenbeschienenen Tal der Großen Rodl kräftig gelb leuchtender Raps aus und gleich hinter der darauf folgenden Waldzunge ist auch schon Bad Leonfelden mit dem Sternstein rechts im Hintergrund zu erkennen.

Bad Leonfelden wäre unser eigentliches Ziel für den heutigen Tag gewesen, es war im Vorfeld jedoch kein freies Zimmer im Ort aufzutreiben. Erst beim Gasthof „Zur Waldschenke“ auf halbem Aufstiegsweg zum Sternstein werden wir fündig. Wir durchqueren daher den Kurort zügig, machen dabei aber den Fehler, beim Ortskern auf eine wenig befahrene Parallelstraße auszuweichen. Diese ist fotografisch zu meinem Leidwesen völlig uninteressant, ich kann Bad Leonfelden in diesem Beitrag deshalb bildlich nicht näher vorstellen.

Ab dem Verlassen von Bad Leonfelden steigt der Weg kontinuierlich zum Sternstein hin an und verschwindet auch bald wieder im Wald. Irgendwann stoßen wir wieder auf die zum Gasthof „Zur Waldschenke“ führende Fahrstraße. Hier im Wald kommt es dann zur zweiten Unklarheit die Wegführung betreffend. Wir wollen der Straße ausweichen und nehmen stattdessen einen Waldweg, von welchem wir etwa auf der vermuteten Höhe des Gasthofes nach links abzweigen. Der auf der Karte dargestellte Pfad existiert allerdings so nicht (mehr) und durchschneidet für ein kurzes Stück privaten Grundbesitz. Den ganzen Weg zurückgehen wollen wir aber auch nicht. Markierungen sind erst nach dem Privatgrund wieder angebracht. Aufgrund der rechtlich unklaren Situation kann ich diese Variante des Zustiegs zum Gasthof eher nicht anraten. Wären wir den Waldweg vor dem Privatgrund noch ein wenig weiter gegangen, wäre es wahrscheinlich besser gewesen, wie wir im Nachhinein gesehen haben.

Nach wenigen Minuten kommen wir beim Gasthof an und checken ein. Mit uns ist das Haus ausgebucht, also nochmal Glück gehabt, weil sonst die Tour an diesem Wochenende möglicherweise nicht hätte stattfinden können. Jetzt haben wir eine Nacht zur Erholung und morgen früh erwartet uns gleich zu Beginn der Sternstein mit seiner Aussichtswarte. Das Wetter soll fein werden – (Weit-) wandererherz, was willst du mehr!
Anm.: Der Beitragstitel „Stein auf Stein“ ist nicht nur eine Anspielung auf die Abfolge verschiedener Wegpunkte, die die Bezeichnung „-stein“ enthalten, sondern auch ein Hinweis auf die ausschließlich für das Mühlviertel typischen „Stoabloß-Höfe“. Man spricht dabei von „bäuerlichen Bauwerken, deren Fassaden aus freiliegenden Granitsteinen bestehen, die nur sparsam mit Kalk ausgefugt sind“ ( https://www.neumarkt-muehlkreis.ooe.gv.at/Stoabloss-Hoefe). In den Bildern sind das etwa die Bodenmühle oder der GH Pammer in Guttenbrunn.
Ein Gedanke zu „Nordwaldkammweg Tag 4: Stein auf Stein“