Letzten Monat bereiste ich die Region am Kaukasus von Ost nach West, genauer vom Kaspischen Meer bis zum Schwarzen Meer. Der Gebirgszug zwischen den beiden Meeren fasziniert mich schon seit geraumer Zeit, nur was den Umfang der Tour betrifft bin ich lange unschlüssig. Mangels Grundkenntnissen der jeweiligen Landessprachen sowie in Russisch oder Türkisch schrecke ich vor einer Individualreise zurück, denn umgekehrt sind auch die Bewohner der Kaukasusrepubliken nur in größeren Städten vereinzelt des Englischen mächtig. Das gilt insbesondere für Aserbaidschan, dem ersten Land auf meinem Trip.
An einem lauen Maitag erledige ich spätabends die Einreiseformalitäten am Flughafen von Baku (aserbaidschanisch: Baki), der „Stadt der Winde“. Die Hauptstadt wird so genannt, weil ständig vom Kaspischen Meer her ein spürbarer Wind durch die Stadt weht. Sofort fällt auf, wie hell diese Millionenmetropole beleuchtet ist. Energieprobleme scheinen die Aserbaidschaner hier nicht zu haben. Ganz anders ist mein Eindruck dann am nächsten Morgen bei Tageslicht. Häßliche Plattenbau-Siedlungen sowjetischer Prägung wechseln mit modernster und futuristischer Architektur, daneben dann noch die Häuser aus der Gründerzeit in der Altstadt.
Das Programm sieht vor, dass wir zuerst Besichtigungen außerhalb von Baku machen, was durchaus Sinn ergibt, denn da läuft man in den Sommermonaten nicht in der Mittagshitze in der Stadt herum. Dennoch möchte ich beim Schreiben dieses Reiseberichtes im Stadtzentrum beginnen, wo wir dann erst gegen 17 Uhr beim Rathaus eintreffen und uns – vorbei an der bronzenen Büste des Poeten Aliaga Vihar – zum Eingang des Palastes der Shirvanshah-Dynastie begeben.

Das Highlight: der Shirvanshah-Palast
Ein Besuch des aus Sandstein erbauten Shirvanshah-Palastes ist Pflichtprogramm eines jeden Touristen in Baku, dementsprechend stark frequentiert ist dieser auch. Der Palast gehört seit dem Jahr 2000 gemeinsam mit der gesamten Altstadt von Baku, die der ehemaligen Festung Ischeri Scheher entspricht, zum UNESCO-Weltkulturerbe. Baubeginn für den Palast war 1411 unter Schah Ibrahim I., als die muslimische Dynastie der Shirwanshahs nach einem zerstörerischen Erdbeben die Hauptstadt nach Baku verlegte. Der älteste Teil des Palastkomplexes ist der heutige Wohnpalast, der von außen betrachtet einen eher schlichten Eindruck auf mich als Besucher macht. Auf zwei Etagen sind bis zu je 25 Räume angelegt, wobei in der unteren Ebene die Diener untergebracht waren. In der oberen Etage befinden sich der Audienzsaal, eine Bibliothek und die Räume des Schah und seiner Familie.

Der Divan Khana ist der älteste Saal des Palastes und steht in der Mitte eines Arkadenhofes, in den ich leider nicht hineinkomme. Sehr wohl sehe ich das im Palast eingerichteten Museum. Nach dessen Besuch gelangt man in einen den Haupttrakt umgebenden Hof, in dem man die Bailov-Steine betrachten kann. Diese wurden aus dem Kaspischen Meer geborgen, wo sie einst mit der Festung Sabail versanken. Das Meer reichte früher übrigens deutlich näher an die Stadt heran. Ich sehe mir den Hof etwas genauer an und entdecke den Eingang zum „Derwisch-Mausoleum“ des Wissenschaftlers Seyid Yahya Bakuvi. Gleich nebenan wurde die Key-Gubad-Moschee errichtet, welche 1918 von armenischen Kanonen zerstört wurde. Weil ich ein Jahrhundert zu spät dran bin, ist mir die Besichtigung der Moschee nicht mehr möglich.

Ich muss deshalb mit dem unweit davon gelegenen Palastmausoleum und der Schah-Moschee Vorlieb nehmen. Das Portal des Palastmausoleums befindet sich unter einem sehenswerten Stalaktitengewölbe („Muqarnas“), welches die Baukunst des mittelalterlichen Aserbaidschan auszeichnet. Das Mausoleum ist der Schah-Moschee direkt zugewandt, somit stolpere ich gleich auch dort hinein – wahrscheinlich oder glücklicherweise in den Männersaal.


Zum Relaxen bietet sich der dazwischen liegende Hof mit Bänken und Teichen an. Beim Verlassen der Palastanlage ist mir noch ein Blick in deren tiefste Ebene möglich, wo ich die Reste eines großen Bades (Hammam) zu sehen bekomme.
Ein Rundgang durch Bakus Altstadt
Wir folgen nach dem Ausgang ein Stück der alten Stadtmauer hinter dem Rathaus und dem Ismailiya-Palast. Die Altstadtgassen sind zu dieser frühen Abendstunde sehr belebt und das Fotografieren nicht immer einfach. Viele der älteren Häuser aus der Gründerzeit sind noch sehr gut erhalten.


Zahlreiche kleinere Läden, wo Handwerkskunst wie z. B.: Teppiche verkauft wird, säumen den Weg, der uns zum Jungfrauenturm – dem Wahrzeichen des alten Baku – führt. Der Turm, von dem mir kein gutes Foto gelingt, ist ein beliebter Aussichtspunkt über die Altstadt. Wer hinauf möchte, muss sich in einer längeren Warteschlange in Geduld üben. So viel Zeit habe ich nicht, es geht schon wieder weiter zur Küstenstraße Bulvar hinunter, auf deren anderen Seite man kilometerlang entlang flanieren könnte und dabei an architektonisch bemerkenswerten Gebäuden vorbeikäme. Jetzt am Abend bei hereinbrechender Dunkelheit ist allerdings der bereits ein paar Meter außerhalb der Altstadt angelegte Fontänenplatz interessanter, wo an manchen lauen Abenden auch Open-air-Konzerte stattfinden. Man erreicht diesen über eine Fußgängerzone, wo es sich gut shoppen lässt und einige Restaurants zur Einkehr einladen. Steinerner Gast bei jeder Veranstaltung auf dem Fontänenplatz ist das Denkmal des bedeutendsten aserbaidschanischen Dichters Nizami.

Der Blick der Steinfigur ist auf das gleichnamige Literaturmuseum gerichtet. Wenn mir mehr Zeit bliebe, könnte ich diese Museen alle besuchen, doch ich muss wieder zum Bulvar zurück, wo der Bus warten soll. In Wahrheit ist es eher umgekehrt und ich kann mich bis zu dessen Eintreffen am Anblick des gegenüber befindlichen Puppenmuseums erfreuen.
Baku bei Nacht
Die Fahrt geht in die umliegenden Hügel ins Viertel Sabayil, wo der Fernsehturm steht. Mein Interesse gilt zu Beginn aber der Türkischen Moschee, wo wir den gecharterten Bus wieder verlassen. Die Moschee liegt am Beginn des Dagüstü-Parks, von dem aus man den besten Blick über das erweiterte Stadtzentrum und die Bucht hat. Hierher könnte man auch mit einer Zahnradbahn auffahren, deren Bergstation sich unweit der besagten Moschee befindet, jetzt bei Dunkelheit habe ich keinen Blick für sie übrig. Zu viele andere Reize beschäftigen meine Augen. Der Fernsehturm ist nicht das einzige hohe Bauwerk in Sabayil, denn die nahen 190 Meter hohen und geschwungenen Flame Towers bieten dem Besucher ein allabendliches farbenreiches Schauspiel von dem ich bei mehr verfügbarer Zeit besser ein Video gemacht hätte. Weil sie wie überdimensionierte Flammen in den Nachthimmel zu lodern scheinen, gelten die drei Türme als Wahrzeichen des modernen Baku.

Mein Weg führt weiter durch die sogenannte ‚Märtyrerallee‘ zu einer riesigen Aussichtsplattform. In der ‚Märtyrerallee‘ sind jene etwa 130 Opfer begraben, die sich in der Nacht des 20. Januar 1991 als Demonstranten für die staatliche Unabhängigkeit von der damaligen Sowjetunion deren Panzern entgegen stellten. Dunkle Marmorplatten an einer weißen Mauer erinnern heute an sie.

Am Ende der ‚Märtyrerallee‘ steht ein Sandsteinturm mit einer Leuchtkuppel, der ebenso an die Gefallenen erinnern soll. Nach Lust und Laune kann man den Fernsehturm auch durch die Öffnungen des Sandsteinturmes einer Betrachtung unterziehen. Da ich jetzt allerdings bei der Aussichtsplattform ankomme, wende ich mich nicht dem Fernsehturm zu, sondern riskiere einen Tiefblick auf die darunter liegenden, hell beleuchteten Stadtteile und die Bucht. Weiter hinaus auf das Kaspische Meer kann ich bei Dunkelheit leider nicht sehen. Baku bei Nacht ist sensationell, denn ein Lichtermeer erstreckt sich von der Halbinsel Abscheron bis über das Gelände der beleuchteten Crystal Hall, wo 2012 der Eurovisions Song Contest ausgetragen wurde, hinaus.


Hier hätte ich Lust, länger zu verweilen, doch der erste volle Tag in Aserbaidschan war mit insgesamt über dreizehn Stunden on Tour mehr als anstrengend.
Hineinschnuppern in die aserbaidschanische Küche
Essen war ich zwischendurch übrigens auch, nämlich in der Fußgängerzone nahe dem Fontänenplatz. Für eine aussagekräftige Bewertung fehlt mir bei meinem ersten Restaurantbesuch in Aserbaidschan natürlich der Vergleich mit anderen einheimischen Lokalen. Im Restaurant Dolma in der M. Rasulzada kuc 8, Baku 1000 fühlte ich mich jedenfalls bei angenehmer Atmosphäre gut verpflegt und bedient. Selbst bezahlt habe ich meine Rechnung nicht, denn das erste Mahl auf Tour wird vom Reiseveranstalter bezahlt. Laut Trip Advisor liegt die Preisspanne bei umgerechnet 11 bis 27 EUR und bewegt sich damit im eher durchschnittlichen Bereich.

Eine kurze Vorschau
Damit ist der erste Teil meines Reiseberichtes über Baku fertiggestellt. Weil es mein erstes Posting dieser Art ist, bitte ich um Nachsicht. In Teil zwei wird es dann um moderne Architektur, Tempel, Felsmalereien und um Schlammvulkane gehen. Aserbaidschan wird allgemein auch als ‚Land des Feuers‘ bezeichnet und die Projektion von lodernden Flammen in die Flame Towers ist schon ein deutlicher Hinweis darauf. Deshalb wird im nächsten Beitrag auch das Thema „Feuer“ nicht zu kurz kommen.
Aserbaidschan gilt im internationalen Tourismus bei weitem noch nicht als Trenddestination. Wer von euch hat dieses Land oder auch nur Baku schon bereist? Wie hat es euch gefallen? Ist jemand von euch durch diesen Beitrag auf den Geschmack gekommen? Ich würde mich über eure Antworten sehr freuen.
Das ist eine Gegend, die mich durchaus auch interessiert. Aber alleine als Frau….?
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Sollte kein gröberes Problem sein. Wir sind auch einer alleinreisenden Motorradtouristin begegnet.
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