Jenen Weitwanderern, die in Laimbach am Ostrong den Wandertag beginnen, empfehle ich, gut regeneriert aufzubrechen, weil nach einer nur kurzen Aufwärmphase bis zum Waldrand am Fuße des Ostrong-Höhenzuges das Wadl zwecks Erlangen der begehrten Wandernadel beim Anstieg auf den Kleinen Peilstein arg strapaziert wird. Ist man erst einmal oben bzw. wenige Minuten nach der Besteigung des Kleinen Peilstein auch auf der Aussichtskanzel des Großen Peilstein, hat man im Grunde genommen das Gröbste hinter sich – zumindest was das Steigen betrifft. Der Rest des Weges bis zum Tagesziel in Persenbeug an der Donau ist eher gemütliches Dahinmarschieren, doch dazu später.
Die Wegstrecke ist mit 21 Kilometern laut Wanderbuch nicht allzu lang und das Höhenprofil mehr oder weniger klassisch. Das bedeutet, zunächst steil bergan, daran anschließend auf einem Höhenweg bis zum nächsten Gipfel und abschließend kontinuierlich bergab.
Damit genug der einleitenden Gedanken und auf den Weg mit mir bzw. hinauf auf den Peilstein. Fit genug fühle ich mich jedenfalls und auch kein unerwarteter Baustellenlärm war in der Nacht zu vernehmen. Die Aufwärmstrecke führt mich auf der Straße nach Münichreith aus Laimbach am Ostrong heraus bis zum „Pfüat-di-Gott-Marterl“ und dann rechts über einen Weg bis zum Waldrand. „Time to say ‚Goodbye'“ ist hier tatsächlich das Motto, schließlich werde ich Laimbach erst vom Gipfelaufbau der beiden Peilsteine aus wieder für kurze Zeit sehen.
Von hier an geht es nun ordentlich zur Sache. Meist geht es in direkter Linie höher hinauf, solange bis sich größere Granitblöcke zwischen die Bäume mischen. Ich gelange somit in den Bereich der Schneidermauer, welche ich, um auf den Gipfel des Kleinen Peilstein zu kommen, durchsteigen muss.
Oben befindet sich eine relativ neue von den Naturfreunden errichtete Hütte, die bei meiner Ankunft jedoch verwaist ist. Darum gleich weiter und in wenigen Schritten zum Gipfelkreuz des Kleinen Peilstein, um dort ein wenig zu verweilen.
Allzu schnell komme ich von hier nicht weg, bietet dieser Platz doch eine grandiose Aussicht über das Yspertal und weite Teile des südlichen Waldviertels. Einen noch besseren Blick ins Tal hat mir nur noch die mit 1061m höchste Erhebung der Region – der Große Peilstein – zu bieten. Hier ist mein Aufenthalt im Vergleich zum Vorgipfel deutlich kürzer – eine lärmende Schulklasse zeichnet dafür verantwortlich.
Der nun beginnende Höhenweg, der zunächst als Mischung aus Wiesen- und Karrenweg in Erscheinung tritt, fühlt sich bis zum Kaiserstein allenfalls leicht wellig unter den Beinen an und tatsächlich bewegt er sich im Höhenprofil laut Karte nur innerhalb von etwa hundert Höhenmetern bergauf oder bergab. Kaum einem Menschen begegne ich hier, obwohl nach links und nach rechts regionale Wanderwege abzweigen. Der finale Anstieg zum Kaiserstein hin bringt mich an einen netten Pausenplatz – einer Ansammlung von Steinen.
Das Schnaufen mir entgegen kommender Wanderer deutet ein größeres Gefälle hinter dem Rastplatz, der zugleich den Gipfel des Kaiserstein markiert, an. Der Abstieg dauert jedoch nicht lange und läuft an einer Wegkreuzung aus, wo sich auch ein TVN-Unterstand befindet. Auf der anderen Seite mache ich wieder ein paar Meter an Höhe gut und quere am Hang einer namenlosen Kuppe zu einem Gehöft beim „Neuwaldhäusl“ hinüber.
In diesem Bereich ist an Belag einiges dabei, vom sanften Waldboden geht es über wildes Gras entlang einer Grundstücksgrenze, bis endlich die breite Schotterstraße zum „Roten Kreuz“ hinab erreicht ist. Mir begegnet seit dem Kaiserstein niemand, erst nach der markanten Kreuzung im Sulzwald mit dem „Roten Kreuz“ wird es auf dem Weg wieder lebendiger.
Auf dem nun breiteren Forstweg begebe ich mich nun Richtung Hofamt Priel. Der Weg ist zum Glück nicht schnurgerade, sondern weist auch einige scharfe Richtungsänderungen auf. In einer dieser Kurven zweigt nach rechts ein düster wirkender Waldpfad ab. Den soll ich eigentlich laut meiner Karte nehmen, die Beschilderung will mich allerdings auf dem Forstweg halten. Ich verfolge daraufhin beide Alternativen auf ihren ersten etwa zweihundert Metern und entscheide mich, da ich weder da noch dort eine weitere Markierung vorfinde, für den schmalen Waldpfad. Stetig bergab gehend finde ich bald nach der ersten Wegquerung eine erste rot-weiß-rote Markierung. Sollte sie dem Eisenwurzenweg zurechenbar sein, hätte der Pfeil weiter oben in die falsche Richtung gezeigt. Dass dem tatsächlich so ist, bestätigt sich wenig später, als mir das vertraute quadratische Schild mit der Nummer 08 unterkommt. Der Weg verbreitert sich wieder zu einer Forststraße und zieht in einem weiten Linksbogen zum Donautal hin. Endlich am Waldrand angekommen, gewahre ich in der Nähe den Graslhof. Bis zur Donau ist es nicht mehr weit, zuvor lasse ich noch die Siedlung „Auf der Eben“, welche bereits zur Gemeinde Hofamt Priel gehört, hinter mir. „Auf der Eben“ ist quasi wie ein Balkon über dem Donautal und genau dort steht auch das sogenannte „Friedenskreuz“, in dessen Nähe ich eine letzte Pause an diesem Tag einlege. Zeit genug, um die Aussicht über das Tal bis in das Alpenvorland hinein zu genießen.
Nach dem Aufbruch wird es orientierungsmäßig etwas mühsam, was einem neu errichteten Wochenenddomizil geschuldet sein mag, welches eventuell den ehemals direkten Weiterweg versperrt. Einen bezeichneten Weg in den Graben hinunter kann ich nicht finden, nach rechts zu ist eben das Grundstück (das entsprechende Verbotsschild darf natürlich nicht fehlen) und der links weiterführende „Kneippweg“ scheint den Graben ausgehen zu wollen, was nach einem enormen Umweg riecht. Darum gehe ich vorerst den Wiesenweg wieder retour bis fast zum „Friedenskreuz“ und sortiere mich dort neu. Ich finde dann tatsächlich Markierungen unterhalb (!) der Baumzeile, welche zu besagtem Grundstück hinleitet, der vorhin erwähnte Wiesenweg befindet sich allerdings oberhalb dieses Grünstreifens. Die Konsequenz daraus ist, dass ich der Markierung hier nicht folgen kann und darum geradeaus weitergehe und den relativ großflächigen Acker vor mir umgehe – hoffend, so auf der nun anderen Seite des Grundstückes meinen Weg wiederzufinden. Dies gelingt mir auch und ich kann auf dem richtigen Weg nach Zerlerhof absteigen und auf der Straße bis zum Schloss Persenbeug weitergehen.
An dieser Stelle tut sich bei mir eine kleine Erinnerungslücke auf, denn mir will nicht mehr einfallen, ob ich in Persenbeug im GH Böhm ein Zimmer vorreserviert habe oder einfach so dort eingefallen bin.
Bis zum Abendessen – übrigens in einem sehr ruhigen und lauschigen Gastgarten – habe ich noch einiges an Zeit zur Verfügung, die ich für einen Rundgang durch Persenbeug nutze. Die Runde umfasst die Uferpromenade zum Kraftwerk hin und am Schloss vorbei durch die Marktgasse zurück zum Gasthof. Sehenswert sind dabei neben dem Kraftwerk selbst noch das Schloss und das Naturdenkmal „Marktlinde“ aus dem Jahr 1300.
Mit der Ankunft in Persenbeug habe ich den tiefsten Punkt des Eisenwurzenweges erreicht und der Abschnitt durch das Waldviertel findet hier sein Ende. Es waren ein paar schöne Tage und das Wetter hat auch gepasst.
Noch habe ich nicht genug, so dass ich den Weg schon am nächsten Tag – von nun an im Mostviertel – fortsetzen werde. Den überwiegenden Teil der nächsten Etappe kenne ich ja von meiner Begehung des Österreichischen Jakobsweges her. Damit kann ich herausfinden, ob sich der im September anders anfühlt, als damals im Mai. Zäh wird es jedenfalls werden, stehen mir doch hügelige 33 Kilometer an Weg bis nach Amstetten bevor.