Ludwig van Beethoven (1770-1827), einer der bedeutendsten Komponisten, welcher die Wiener Klassik prägte, ist schon lange tot. Zu Lebzeiten wechselte er öfter den Wohnsitz, woran heute noch Beethovenstraßen, -gassen, -wege und -parks erinnern. Unter anderem verschlug es ihn auch nach Wien Döbling, wo man im Bezirksteil Nußdorf einen nach ihm benannten Weg anlegte. Und was hat das alles mit dem Stadtwanderweg 1 zu tun? Der Wanderweg beginnt in Nußdorf nur wenige Meter abseits der Endstelle der Straßenbahnlinie D, wo der Schreiberbach unter der Schleife der Straßenbahntrasse verschwindet, beim Beethovengang, dem nach dem berühmten Komponisten benannten Weg.
Tag der Tour: 02.05.2020
Strecke: Wien Nußdorf – Sulzwiese – Kahlenberg – Nußberg – Wien Nußdorf;
Länge: 11km;
Im Sommerhalbjahr wird man an Wochenenden und Feiertagen nicht der Einzige sein, der von hier aus zum Wienerwald hinaufwandert oder -spaziert. Oft lässt sich bereits bei der Anfahrt (mit den Öffis) ausmachen, wer mit den gleichen Ambitionen gen Nußdorf unterwegs ist. Meist entzerrt sich die kleine Schar von Stadtwanderern aber ohnehin bald.
Ich folge also Beethoven durch dessen „Gang“ zwischen Heiligenstadt und Nußdorf am Schreiberbach entlang zum Beethovenpark hinauf. Dort befindet sich auf einem Sockel eine Büste des Komponisten – ein Ort, der „Beethovenruhe“ genannt wird. Sein Grab ist allerdings nicht hier, sondern auf dem Wiener Zentralfriedhof zu finden.
Das war es dann allerdings mit Beethoven, denn ein paar Schritte weiter im Heiligenstädter Friedhof haben andere ihre letzte Ruhe gefunden. Der Friedhof wird zum Mukental hin umgangen und ich habe nun zwischen dem Nußberg und dem Heurigenort Grinzing links und rechts Weinrieden um mich herum – die meisten davon eingezäunt. Ein Schild weckt dabei meine Aufmerksamkeit besonders: CDG! Ich frage mich, welche Bedeutung es haben könnte. Als langjähriger Flughafenbediensteter würde ich spontan einen Konnex zum Pariser Flughafen „Charles de Gaulle“ herstellen. In Roissy hätte man mit dem Gelände hier aber wohl nur wenig Freude, obwohl: irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass die Franzosen doch versuchen, sich hier breit zu machen.
In Wahrheit bedeutet das Kürzel CDG „Club der Grinzinger“ und der wurde gegründet, um das Weinkulturgut Grinzings zu bewahren. Gemeinsames Ziel ist, Grinzing vor Bauspekulation zu bewahren sowie den Ort und seine Weinhügel zu pflegen und in seiner Ursprünglichkeit zu erhalten. Zum Freund von Grinzing kann jeder werden und dann steht ein ganz persönliches Stück davon für einen bereit: 1 m² Grund und Boden, auf dem ein persönlicher Rebstock wächst.
Noch im Mukental erblickt man erstmals den Kahlenberg mit dem Restaurant und der Aussichtsplattform. Dort werde ich im Verlauf der Wanderung noch hinkommen, zunächst geht es aber zwischen den Weinbergen weiter zum Waldrand, wo sich bald eine erste Gelegenheit für eine kurze Rast bietet. Schon davor stößt von Grinzing her ein mir bestens vertrauter Weitwanderweg auf meine heutige Route. Es ist der Wienerwald-Verbindungsweg mit der Wegnummer 404. Er verlässt mich vorübergehend kurz nach dem Rastplatz und zieht direkt zum Kahlenberg hinauf, während der Stadtwanderweg mit der Nummer 1 gerade weiter zur Sulzwiese hin verläuft.
Höher und höher den teils geschotterten Weg bergan steigend vernimmt man bald das typische Geräusch, wenn Gummi an Asphalt oder Kopfsteinpflaster reibt. Ich nähere mich der Höhenstraße, die später unterquert wird. Unmittelbar darauf steht man beim Schönstatthaus – bereits an der Sulzwiese liegend – mitten an einer größeren Weggabelung und wendet sich nach rechts, um der Höhenstraße auf dem daneben angelegten Fußweg zum Kahlenberg hin zu folgen. Hier kommen mir wieder die Wege 04 bzw. 404 vom Kahlenberg her entgegen.
Schönstatthäuser sind für Gäste und Veranstaltungen (z.B.: Seminare) offene Einrichtungen der Schönstatt-Bewegung, die damit den Anspruch erhebt, im Dienst von kirchlichem Engagement, beruflicher Fortbildung oder erholsamer Gemeinschaft zu stehen.
Ich gehe also zum Kahlenberg weiter, rechts von mir die Höhenstraße mit ihrem Ausflugsverkehr und links der Stiftswald, der dem Namen nach den Besitz durch das Stift im unweiten Klosterneuburg nahelegt. Eine langgezogene S-Kurve weiter oben erfolgt der Wechsel auf die andere Straßenseite und gleich darauf wandere ich von der Höhenstraße weg in den Wald hinein. Das kurze Wegstück bis zum Fernsehsender Kahlenberg bzw. zur Stefaniewarte ist das schönste durch Waldgebiet auf dem gesamten Stadtwanderweg. Die Stefaniewarte ist leider Covid-19-bedingt für Besucher geschlossen, hätte in normalen Zeiten aber ohnehin erst um 13 Uhr geöffnet.
Eine Aussichtsplattform findet man nur wenige Meter danach beim Ausflugsrestaurent und der Kirche vor. Der Andrang ist hier meist recht groß und man kann nur auf die Stadt Wien hinab sehen, nicht aber auf Klosterneuburg und Umgebung, was von der Stefaniewarte vielleicht möglich wäre. Wenn es zu voll ist, dann besteht die Möglichkeit, noch ein Sück weiter zu einem deutlich kleineren Aussichtspunkt zu gehen. Von hier hat man einen noch besseren Blick auf die Donau, während man im Gedränge auch den Westen Wiens und die Ausläufer des Wienerwaldes zu sehen bekommt. An klaren Tagen ergibt das ein Panorama bis zum Schneeberg hin.
An die Sakristei der Kirche St. Josef angrenzend findet man die Sobieski-Gedächtniskapelle. Überhaupt sieht man hier vor Ort einiges, das an Jan Sobieski, der ein deutsch-polnisches Entsatzheer zur Befreiung von der türkischen Belagerung der Stadt anno 1683 anführte, erinnert.
Bei windigem Wetter hält es mich hier nicht lange und ich begebe mich zügig weiter zur Stempelstelle in der Josefinenhütte, die jetzt „Hütte am Weg“ heißt. Sie wird nach dem Lockdown vermutlich in den nächsten Tagen wieder öffnen.
Nach der Teilumrundung des benachbarten Hochseil-Klettergartens geht es wieder durch das sogenannte „Waldl“ abwärts zur Kreuzung „Eiserne Hand“ hin. Viel Aussicht ist mir hier noch nicht vergönnt und wenn doch, dann sieht das eher so aus:
Mit dem folgenden Foto ist aber eigentlich zum Weg durch das „Waldl“ schon alles gesagt.
Ab der Eisernenhandgasse ändert sich das aber schlagartig. Man sollte für den restlichen Weg bis nach Nußdorf hinunter etwas mehr Zeit einplanen, denn zu atemberaubend sind die nun folgenden Perspektiven auf die Bundeshauptstadt unter mir.
Zunächst biege ich in die Kahlenberger Straße abwärts ein, womit ich für ein kurzes Stück gleichzeitig den Stadtwanderweg 1a mitbegehe. Jetzt schon inmitten der Weinberge von Nußdorf und Grinzing dahinwandernd laden einen vor allem im Herbst so manche Buschenschanken entlang des Weges zum Verweilen ein.
In Corona-Krisenzeiten wird daraus jedoch nichts, es ist alles dicht. Alles? Nein, fast alles! Eine Bude am Eichelhofweg verkauft Getränke und die Gäste können sich auf Decken in der angrenzenden Wiese breit machen. Vom Stadtwanderweg 1a habe ich mich schon davor wieder verabschiedet.
Die Wegführung direkt über den Nußberg verspricht neuerlich jede Menge grandioser Ausblicke in die Umgebung von der Wiener Pforte (Donaudurchbruch zwischen Leopoldsberg und Bisamberg auf der anderen Seite, Anm.) bis zum Schneeberg.
Die Perspektive ändert sich bis zur Einmündung des Eichelhofweges in die Eichelhofstraße ständig und dabei fällt der Weg kontinuierlich und am Ende steil ab.
Steil und kurvig geht es auch die Eichelhofstraße hinab, zuvor riskiere ich jedoch noch einen kurzen Blick vom dortigen Aussichtspunkt auf Transdanubien. An deren Ende wandere ich noch zwischen alten Gemäuern und Steinbögen hindurch und gelange so in die Nußberggasse.
Wieder in Nußdorf folge ich der Nußberggasse zur Bockkellergasse und nach ein paar weiteren Schritten stehe ich wieder beim Schreiberbach und somit auf dem Beethovengang. Die Schleife Nummer 1 der Wiener Stadtwanderwege ist hiermit vollendet, denn gleich nebenan liegt die Wende der Straßenbahnlinie D.
Thematisch weist der Stadtwanderweg 1 drei Schwerpunkte auf: 1. den musikalischen mit dem Bezug zu Ludwig van Beethoven zu Beginn, 2. den militärischen mit dem Gedenken an das Wirken des polnischen Königs Jan Sobieski bei der Befreiung Wiens von der Türkenbelagerung 1683 und 3. den kulinarischen mit den Weinkulturen samt angeschlossener Buschenschanken an den Hängen des Nußberges. Sehr gefallen konnte dabei der Abstieg ab der „Eisernen Hand“, weshalb ich jedem Begeher dieses Weges dringend ans Herz legen möchte, sich an die vorgegebene Gehrichtung zu halten. Weniger erbaulich waren dafür die sichtbaren Eingriffe in den Stiftswald. Der „Ausbau“ des Wegenetzes in den Wäldern führt tendenziell dazu, dass man im Forst immer seltener im Schatten geht (Borkenkäfer erledigen dann den Rest, Anm.).
Die Gehzeit für diese Runde wird in der Broschüre „Wanderbares Wien“ mit 3 1/2 bis 4 Stunden angegeben. Das schafft man locker auch auf Basis eines gemächlichen Tempos. Jahreszeitlich lockt der Wanderweg im Herbst wegen der Weinlese und der Laubverfärbung am meisten, das satte Grün im Frühjahr ist aber auch nicht zu verachten. Eine recht gute Aufteilung der Wege 1 und 1a ist für passionierte Stadtwanderer daher eine Begehung der einen Route im Frühjahr und der anderen im Spätsommer/Frühherbst.
Wer von euch hat diesen Stadtwanderweg selbst auch schon erwandert? Wie hat er euch gefallen? Ist in diesem Beitrag irgendetwas von Bedeutung unerwähnt geblieben? Ich freue mich über jedes konstruktive Feedback!
Ein Gedanke zu „Stadtwanderweg 1: Im „WEIN“erwald“