Passau – Dreiflüssestadt an der Grenze als Tagesausflug per Bahn

Bahnfahren ist schon etwas Feines, erst recht, wenn das Ziel ohne Umsteigen erreicht werden kann. Diesen Vorteil nutze ich im September für einen Tagesausflug in die bayerische Stadt Passau, wohin mich ein ICE in nicht einmal zweieinhalb Stunden von Wien aus bringt, so dass ich bereits am mittleren Vormittag mit der Erkundung beginnen kann. Eine Stunde früher ginge es zwar auch noch, doch dafür hätte ich das Haus kurz nach halb fünf Uhr früh verlassen sowie bei Verspätung des Zuges um den Anschluss in Wels zittern müssen. Weiters auf der Habenseite einer Anreise mit dem ICE 228: Die TouristInfo schräg gegenüber vom Passauer Bahnhof öffnet von Mo-Fr erst um 9:00 Uhr, auch das spricht eher für längeres Schlafen. Am Schalter der Information werde ich mit handlichem Material für eine eigenständge Tour durch die Stadt bestens ausgestattet und anschließend kann es sofort losgehen.

Passaus Lage am Zusammenfluss dreier verschiedener Flüsse ist weltweit einzigartig. Nach einem Großbrand im Jahr 1662 konnte die Stadt im barocken Stil wieder aufgebaut werden und hat diesen Charakter bis heute bewahren können.

Selbstverständlich habe ich am Tag vor der Anreise überlegt, welche Sehenswürdigkeiten ich in einen Besichtigungstag packen könnte. Die auf einer immer schmäler werdenden Halbinsel erbaute Passauer Altstadt natürlich (versteht sich von selbst), drumherum weiters diverse Promenaden, weil Passau ja an drei Flüssen liegt, was sie gerade so besonders sehenswert macht. Zusätzlich bietet sich auch ein Besuch der über der Stadt thronenden Burg Veste Oberhaus sowie auf der anderen Seite der Wallfahrtskirche Mariahilf an.

Auf Entdeckungsreise durch die Altstadt

Zentrales Element der Tageseinteilung ist aber der Dom zu St. Stephan, welcher direkt in der Altstadt zu finden ist. Er gilt mit seinen weißen Türmen und den blaugrünen Kuppeln als maßgeblicher barocker Kirchenbau nördlich der Alpen.

Ein Orgelkonzert im Stephansdom

In dessen prunkvollem Inneren (wenn die Renovierungsarbeiten abgeschlossen sind) bekommt man von Mai bis Oktober täglich (ausgenommen Sonn- und Feiertage) den Klang der weltgrößten Domorgel als halbstündiges Mittagskonzert zu hören. Als Eintrittsgeld sind 5 EUR zu löhnen, die allerdings gut angelegt sind.

Der Kartenverkauf startet um 10.30 Uhr im Innenhof des Domes. Darum führt mein erster Weg zum Verkaufskiosk der Eintrittskarten für dieses Konzert. Selbstverständlich kommt man auch im Rahmen der Gottesdienste in den Genuss dieser speziellen Musik, welche aus fünf verschiedenen Teilorgeln mit jeweils eigenem Klang ertönt. Die Teilorgeln bestehen aus insgesamt 233 Registern, 17974 Pfeifen und vier Glockenspielen. Sie sind alle einzeln oder zusammen bespielbar und werden in den Jahren 2020-2025 gereinigt, überholt und technisch erneuert. Neben den Mittagskonzerten finden im Dom auch jeden Donnerstag (ausgenommen Feiertag) ein einstündiges Abendkonzert sowie spezielle Konzerte (nicht ausschließlich Orgelmusik) mit höheren Eintrittspreisen statt. Das Mittagskonzert beginnt um 12 Uhr und das Donnerstagabendkonzert um 19:30 Uhr, alle anderen Konzerte laut Programmheft.

Ab vier Personen lässt sich an bestimmten Tagen für 12 EUR bei den Passauer Stadtfuchs-Touren eine neunzigminütige Führung durch den Dom buchen.

Im Domhof findet man noch Reste eines früheren Kreuzganges. Heute befinden sich darunter Grabsteintafeln, welche früher in heute nicht mehr existierenden Kapellen waren.

Vom Domplatz zum Rindermarkt und zurück

Die Wartezeit bis zum Konzertbeginn lässt sich am besten in der Nähe des Stephansdoms verkürzen. So fällt mir beim Schlendern über den Domplatz das Denkmal von Bayerns erstem  König Maximilian Joseph I. auf (erstes Bild), dessen als Geste der Milde ausgestreckter linker Arm vom Volk scherzhaft als „Regenprüfung“ gedeutet wird. Durch die Luragogasse hindurch erreiche ich via Steinweg und Paulusbogen den Rindermarkt mit der Paulskirche.

Beim Paulusbogen sehe ich die Schiffsanlegestelle der Donau-Kreuzfahrtsschiffe, wo in der Saison reichlich Betrieb ist. Über den Heuwinkel zur Carlonegasse weiter ermöglicht mir eine schmale Seitengasse oberhalb des Stadttheaters eine Verbindung zum Domplatz zurück.

Ein gefallener Tölpel

Auf der anderen Seite des Platzes, so etwa gegenüber dem Eingang zum Innenhof des Doms stehe ich vor einem Steinkopf – dem sogenannten „Passauer Tölpel“, der früher ein Wahrzeichen der Stadt war. Auf der dazu angebrachten Tafel steht geschrieben: „Von Passaus Dom fiel ich herunter, wobei mein schöner Leib zerbrach. Bin trotzdem kreuzwohlauf und munter, und nur im Kopf noch etwas schwach.“ Vermutet wird, dass der Steinkopf von einer Figur des Doms, die beim Stadtbrand von 1662 zerstört wurde, stammt.

Der Residenzplatz und dessen Umgebung

Auf der anderen Seite des Stephansdoms erstreckt sich die zum Residenzplatz führende Große Messergasse mit ihrer auffälligen Hausdurchfahrt. Auch ein Blick in die steile Pfarrgasse mit einer weiteren Durchfahrt  lohnt sich. Nach dem Orgelkonzert ist die genauere Erkundung rund um den Residenzplatz eine der Optionen. Hier könnte man beispielsweise das deutschlandweit einzigartige Dackelmuseum Kleine Residenz besuchen. Der nach der Alten Bischöflichen Residenz benannte Platz wird vom Stephansdom, der Neuen Bischöflichen Residenz sowie insbesondere vom barocken Wittelsbacher Brunnen geprägt.

Das Gassengewirr durch die Altstadt wird übrigens von in Gelb, Mint und Altrosa gefärbten Fassaden diverser Gebäude dominiert. Gleich hinter dem Residenzplatz wende ich mich nach links, um über die Schrottgasse den nahe dem Donauufer liegenden Rathausplatz zu erreichen. Die Schrottgasse gilt als breiteste Gasse der gesamten Altstadt, so dass ihr früher eine wichtige Rolle als Auffahrt zum Residenzplatz zukam.

Weiter zum Rathausplatz

Beim Passauer Rathaus muss man genau genommen von einem Gebäudekomplex sprechen, dem das Alte Rathaus, das Neue Rathaus sowie das Alte Hauptzollamt zugehörig sind. Am Alten Rathaus fällt weithin bereits der markante Turm auf, aus der Nähe kann man seit 1991 zu bestimmten Zeiten dem Glockenspiel lauschen und von ganz nahe lassen sich an einem Hauseck historische Hochwassermarken ablesen.

Der Blick darf aber nicht nur auf die unmittelbare Umgebung, sondern auch in die Ferne bzw. vor allem etwas in die Höhe gerichtet werden. Die hoch über dem gegenüberliegenden Donauufer thronende Burg Veste Oberhaus ist ebenfalls vom Rathausplatz gut zu erkennen. Doch dazu später.

Gleich östlich des Alten Rathauses und noch vor dem Alten Hauptzollamt wende ich mich nach rechts in eine Gasse die sich sogleich in die Marktgasse und die Milchgasse teilt. Dazwischen stoße ich auf das Kleinkunsttheater „ScharfrichterHaus“, einer renommierten Nachwuchsbühne des deutschen Kabaretts.

Vom Rathaus zum Inn

Am Ende der Jesuitengasse baut sich das Kloster Niedernburg vor mir auf, in dem auch das Fresken-Museum untergbracht ist. Hier sind 800 Jahre alte Wandmalereien aus der Romantik ausgestellt, welche zu den wertvollsten Kulturgütern Süddeutschlands aus dieser Epoche gezählt werden. Im Kloster selbst können auch die Heiligkreuz-Kirche und das Grab der Seligen Gisela besichtigt werden.

Durch enge Altstadtgassen im Klosterwinkel gelange ich schließlich über Stiegenabgänge ans Innufer.

Die Wallfahrtskirche hoch über der Innstadt

In die Altstadt komme ich erst am Ende des Tages wieder, mein Fokus richtet sich nun auf den Stadtteil Innstadt mit der auf dem Mariahilfberg errichteten Wallfahrtskirche Mariahilf. Um sie zu erreichen, muss ich zunächst den Inn über die Marienbrücke überqueren und mich anschließend zum Kapuzinerplatz begeben. Von dort bestehen zwei Alternativen für den Aufstieg zur barocken Kirche mit angeschlossenem Paulinerkloster: Zum einen ein Waldweg mit Stufen im weiteren Verlauf, welcher im oberen Bereich an einem Aussichtspunkt vorbeiführt. Der Einstieg erfolgt über den Innstadtkellerweg.

Zum anderen führt ein überdachter Gebetsstiegenaufgang mit 321 Stufen und von zahlreichen Votivtafeln gesäumt  – auch „Wallfahrtsstiege“ genannt –  vom Bereich Kapuzinerplatz/Neutorgraben direkt zur Wallfahrtskirche und diesen nehme ich.

Im Inneren der Kirche befindet sich über dem Hochaltar ein Gnadenbild („Passauer Mariahilfbild“). Nachdem ich die Kirche gesehen habe, steige ich via Waldwegvariante wieder zum Inn hinab.

Ein gemütlicher Uferspaziergang zwischendurch

Nach so viel Besichtigung erholt man sich am besten bei einem gemütlichen Spaziergang auf den Uferpromenaden von Inn und Donau. Dabei verweile ich auch am sogenannten Dreiflüsseeck und sehe in einem Anflug von Melancholie dem Donauwasser stromabwärts hinterher. Anschließend suche ich die Einmündung der Ilz in die Donau. Die schwarze Ilz kommt rechts von der Veste Niederhaus daher und vom Donaukai aus sehe ich sie das einzige Mal an diesem Tag.

Zur Veste Oberhaus über den Ludwigssteig

Den Abschluss im Besichtigungsprogramm bildet die Veste Oberhaus auf einer Anhöhe jenseits der Donau und der Ludwigssteig bringt mich hinauf. Auf dem Steig kommt mir ein Exemplar der Smaragdeidechsen unter. Diese Echsenart ist an den Donauhängen bei Passau heimisch.

Die Veste Oberhaus gilt als eine der größten erhaltenen Burganlagen Europas. Darin zeigt das Oberhausmuseum Exponate aus dem mittelalterlichen Leben auf der Burg sowie Ausstellungen zur Stadtgeschichte von Passau. Das Museum ist von Mitte März bis Mitte November und während der Weihnachtsferien geöffnet, ein integrierter Aussichtsturm mit Ausnahme der Weihnachtsferien ebenso.

Als Eintritt werden 5 EUR fällig, die sich bei gutem Fotolicht rentieren, hat man doch vom Aussichtsturm wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, die Ilz von oben aufs Bild zu bringen. Ich begnüge mich mit einem kostenfreien Rundgang durch die Burganlage und genieße auch so eindrucksvolle Ansichten auf die Dreiflüssestadt mit dem grünen Inn und der blau-braunen Donau.

Zum Ausklang des Tages

Der fortgeschrittene Nachmittag mahnt allmählich zum Abstieg. In der Altstadt erkunde ich noch die Bräugasse und den Heuwinkel, bevor ich den Städtetrip mit Kaffee und Kuchen ausklingen lasse und mich danach wieder zum Bahnhof begebe.

Essen und Trinken

Zur Einkehr empfiehlt sich das Passauer Löwen Brauhaus direkt am Rathausplatz. Auf den ersten Blick sehr touristisch wirkend, hat man es dennoch mit freundlicher und relativ rascher Bedienung sowie eher moderaten Preisen zu tun. An warmen Sommertagen gibt es selbstverständlich im Freien ausreichend Plätze, von denen man direkt zur Donau und zur Veste Oberhaus sieht.

Den Kaffee am Ende der Stadtbesichtigungstour habe ich im Café-Pub Anton in der Luragogasse (Domnähe) bestellt. Dem Lokal ist ein kleiner, lauschiger Gastgarten angeschlossen, wo man gerne auch länger bliebe.

Mit dieser Erfahrung bekomme ich Lust, beim nächsten Mal auch andere Lokale auszuprobieren.

Meine Erkenntnis

Ich kann jedem nur empfehlen, sich bei Gelegenheit in den Zug zu setzen und zumindest einen Tag in Passau zu verbringen, wenngleich sich für den Erstbesuch nur ein grober Überblick ausgehen wird. Dabei lege ich Nachahmern insbesondere das Orgelkonzert im Stephansdom ( auch weniger an Orgelmusik Interessierten) sowie die restliche Altstadt, als auch die Burg Oberhaus und den Mariahilfberg in der Innstadt ans Herz.

Wird einem das alles zuviel, kann man an den Flusspromenaden herrlich entschleunigen. Hat man sich erst einmal einen Überblick über die Stadt verschafft, kann man schließlich im Wiederholungsfall Schwerpunkte setzen oder seine Fühler noch weiter ausstrecken, etwa nach Vilshofen.

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