Stadtwanderweg 6: Eine Frage der (Jahres-) Zeit

Wenn die Tage im Herbst kürzer werden und sich über dem Flachland die Nebeldecke bis über Mittag oder sogar den ganzen Tag halten kann, wird selbst eine Halbtagestour in oder um Wien zur Wetterlotterie. So auch an einem Samstagnachmittag im Oktober dieses Jahres, an dem ich – eben erst aus der Steiermark zurückgekehrt – den Wiener Stadtwanderweg 6, dessen Begehung ich wegen des Umbaues der Wiener Hütte länger hinauszögerte, noch anhängen will. Damit ich diese Runde im äußersten Südwesten der Stadt (und teilweise auch schon in Niederösterreich) vor dem Einbruch der Dunkelheit beenden kann, muss ich von daheim bereits kurz nach Mittag aufbrechen und eine Stunde mit den Öffis nach Wien-Rodaun fahren.

Bei meiner Ankunft am Ausgangspunkt der Tour merke ich zu meiner Erleichterung, dass ich an diesem Tag keine Niete gezogen habe, denn die immer noch vorhandenen Nebelschwaden lichten sich und verschwinden dann auch rasch.

Tag der Tour: 12.10.2019

Strecke: Wien-Rodaun – Wiener Hütte – Eichwiese – Maurer Wald – Wien-Rodaun;

Länge: 12,5 km;

Von der Haltestelle in Wien-Rodaun aus gilt es zunächst einmal, den eigentlichen Einstieg in den Rundwanderweg bei der Rodauner Bergkirche zu finden. Keine schwierige Aufgabe, denn die Kirche ist schon von weitem zu sehen, in den Genuss des Straßenlärms in der Ketzergasse komme ich zuvor aber dennoch. Der hat ab dem Anstieg durch die Willergasse ein jähes Ende und wenige Minuten darauf stehe ich vor der Kirche.

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die Rodauner Bergkirche

Von der Rodauner Bergkirche zur Wiener Hütte

Eine Hinweistafel bezeichnet den Beginn eines Waldweges über den Zugberg – ein Höhenweg, dessen Flanken nach links zur Mitzi-Langer-Wand und nach rechts nach Kalksburg hin steil abfallen. Der Zugberg erinnert mich stark an den benachbarten „Naturpark Föhrenberge“, der  sich von Perchtoldsdorf bis zum Anninger bei Mödling erstreckt. Hat man den Zugberg am Ende in zwei steilen bergab führenden Kurven überwunden, befindet man sich augenblicklich im Leopoldsdorfer Wald.

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im Leopoldsdorfer Wald

Kontinuierlich wieder steigend lässt es sich auf diesem Waldweg gut laufen und auch der reger werdende ‚traffic‘ an Wochenend-Spaziergängern, Mountain-Bikern und Läufern stört keineswegs. Dankbar bin ich dafür, dass mir die Lichtverhältnisse bessere Fotomotive bieten. Ich nähere mich zügig  – nun wieder bergab – der kürzlich nach dem Totalumbau wiedereröffneten Wiener Hütte. Die Freifläche, auf der sie am Rand des Bürgerspitalswaldes steht, ermöglicht mir die Sicht auf die Erhebungen des „Naturparks Föhrenberge“ und ein tolles Panorama.

Von der Wiener Hütte zur Eichwiese

Auch in der Hütte, die eigentlich gar keine Hütte mehr sein will, sondern ein Ausflugsrestaurant, sehe ich mich um. Es herrscht hektische Betriebsamkeit und ein hoher Geräuschpegel überzeugt mich davon, dass die relative Ruhe zu Zeiten der Vorbesitzer Geschichte sein dürfte.

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die Freifläche bei der gut besuchten Wiener Hütte

Kontrollstempel für den Stadtwanderweg gibt es dort übrigens auch keinen mehr, da die Kontrollstelle nach Breitenfurt verlegt wurde. Der Zeitdruck erlaubt es mir ohnehin nicht, allzu lange in der Hütte – pardon: im Restaurant – zu verweilen. Die Bäume beginnen von nun an längere Schatten auf meinen Abstiegsweg durch den Bürgerspitalswald zu werfen, womit die Temperaturkurve für heute ihren Zenit überschritten hat. In Breitenfurt führt der Wanderweg unmittelbar an einer Tennisanlage vorbei, wo sich die neue Kontrollstelle in der Liesingtal Stub’n befindet.

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neue Kontrollstelle ‚Liesingtal Stub’n‘

Das Angenehme dieser Labstelle ist, dass man danach gefragt wird, ob man Getränke in Flaschen erwerben und auf den Weg mitnehmen möchte. Bei Bedarf wird dadurch Zeit gespart, darum mache auch ich von dieser Möglichkeit Gebrauch, denn gesessen bin ich ja schon in der Wiener Hütte.

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nach der Straßenquerung am Rand des Dorotheerwaldes

Nach der Überquerung der Hauptstraße geht es in den mystisch wirkenden Dorotheerwald hinein. Mystisch wirkt er für mich allein schon deshalb, weil ich hier die wenigsten Freizeitsportler und Ausflügler antreffe. So ruhig war es auf der gesamten restlichen Runde nicht.

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im Dorotheerwald

Die an den Wald anschließende Eichwiese steht dem um nichts nach und dazu kommt noch die Aussicht auf die beim Gütenbachtor liegende Ecke des Lainzer Tiergartens.

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Eichwiese

Von der Eichwiese zum Pappelteich

Ich gehe die Wiese langsam zur Straße hinab, versuche dabei gleichzeitig noch Wald-Wiese-Sonnestimmung auf Panorama zu bringen (Anm.: was auch gelingt, die entsprechenden Bilder sind auf der Facebook-Präsenz dieser Seite zu finden). Auf der anderen Seite beim Maurer Wald ist es wieder ein wenig lebhafter, was der nahegelegenen Gastwirtschaft „Zur Schießstätte“ sowie einem der offenen Eingänge des Lainzer Tiergartens geschuldet sein mag. Kurz setze ich mich auf einen der zahlreichen Grenzsteine, die exakt neben dem Weg durch den Maurer Wald verlaufen.

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Rückblick in das Gütenbachtal und zur Eichwiese

Wie hat sich der Tag doch gedreht! Aus dem November bin ich binnen kürzester Zeit mitten im „goldenen Oktober“ angekommen und ich hätte wohl jede andere Aktivität, als mich stundenlang in der freien Natur aufzuhalten, an diesem Tag schwer bereut. Nach ein paar Minuten gehe ich weiter in den Wald hinein. Hier sollte man den Wegverlauf genauer im Auge behalten, denn es wartet die eine oder andere unübersichtliche Kreuzung. An einer davon gehen gleich acht Wege auseinander! Trotzdem finde ich zur südlich des Gipfels des Wilden Berges liegenden „Schießstätte“, die heute ein Gasthaus ist, dessen Verlockungen zu einer weiteren Einkehr ich allerdings widerstehe.

Benannt ist das Lokal im Zentrum des Maurer Waldes nach einem ehemaligen Truppenübungsplatz des (Ersten und) Zweiten Weltkrieges. Es wurde 1865 von Anton Oelzelt Ritter von Newin erbaut und der Gemeinde Mauer zur Verfügung gestellt. 1945 ist die Anlage abgebrannt und wurde später nur mehr als Gasthaus aufgebaut.

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GH ‚Zur Schießstätte‘ im Maurer Wald

Es ist mir schlicht und einfach zu spät dafür, um mich hier länger aufzuhalten – ich mag noch im Hellen nach Rodaun zurückkehren und befinde mich mit dieser Entscheidung in zahlreicher Gesellschaft. Das dürfte nichts Ungewöhnliches sein, weshalb die Österreichischen Bundesforste den Weg großzügig ausgebaut haben.

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in der Nähe des Pappelteiches

Vom Pappelteich zurück nach Wien-Rodaun

Beim Pappelteich schwenke ich in den Klausgraben hinein und bin damit beinahe wieder allein unterwegs. Wenig später könnte man linker Hand auch vom asphaltierten Weg in den Hang hinein auf einen schmalen Pfad wechseln, wobei ich nicht weiß, ob das noch erwünscht ist. Der Stadtwanderweg bleibt anscheinend auf Asphalt und den Hangweg bin ich früher schon einmal (beim Rundumadum?) gegangen. Nach dem Klausgraben folgt „In der Klausen“ und damit endgültig die Kalksburger Zivilisation. Für den Weiterweg zum Start bzw. Zielpunkt der Wanderung bietet zunächst der Kirchturm in Kalksburg einen guten Orientierungspunkt.

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der Kirchturm von Kalksburg

Ein Gässchen entlang weiter marschiert könnte ich geradewegs in das „Kollegium“ – ein Gymnasium – hineinspazieren. Beabsichtigt man das so wie ich nicht, biegt man in den Promenadenweg entlang der Dürren Liesing ein und geht diesen weiter, bis man in Wien-Rodaun unterhalb der Bergkirche steht, wo man die Liesing zu übersetzen hat.

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die Dürre Liesing

Genau in dieser Minute dürfte heute Sonnenuntergang sein, das Timing war also mehr als perfekt gewählt. Hier klinke ich mich quasi gedanklich aus dem Stadtwanderweg aus, denn die paar Meter zur Ketzergasse bzw. der Abzweigung der Willergasse sind bald absolviert. Von dort weg gehe ich auf dem eingangs beschriebenen Weg zur Haltestelle der Straßenbahnlinie 60.

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Hst. Wien-Rodaun und ab nach Hause

Mein Eindruck vom Stadtwanderweg 6

Ich kann diesen Weg für eine Halbtageswanderung im Oktober wirklich empfehlen. Die einsetzende Laubverfärbung und der flachere Einfallswinkel der Sonne machen den Aufenthalt um die Waldgebiete von Rodaun, Kalksburg, Breitenfurt und Kaltenleutgeben zu einem unvergesslichen Erlebnis für jene, die den Betonschluchten für kurze Zeit entfliehen wollen. Überanstrengung ist dabei für halbwegs erprobte Spaziergänger nicht zu befürchten, schließlich halten sich die An- und Abstiege in überschaubaren Grenzen. Die komplette Runde von über zwölf Kilometern sollte gemütlich in etwa vier Stunden machbar sein. Einkehrmöglichkeiten sind am Weg ausreichend vorhanden und wer unterwegs keine Zeit dafür findet, dem bieten sich nach dem Abschluss in Rodaun sowie im angenzenden Perchtoldsdorf jede Menge an Buschenschanken für den passenden Ausklang an.

Schlusswort

Den überwiegenden Teil aller Wiener Stadtwanderwege habe ich hiermit im Blog beschrieben und bisher hat mich keiner von ihnen enttäuscht. Zur Vervollständigung fehlen mir noch die Wege mit den Nummern 1, 4 und 4a. Von ersterem habe ich aufgrund der Begehung seiner Variante 1a eine vage Vorstellung, die beiden anderen gilt es jedoch noch von mir so richtig zu entdecken. Es ist ohnehin nur eine Frage der Zeit…

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